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Biologie

Frösche: Weibchenmangel durch Streusalz?

Salz verändert Geschlechterverhältnis und Körpergröße von Laubfröschen

Wenn Laubfrösche in versalzten Tümpeln aufwachsen,entwickeln sich weniger Weibchen als normal. © Geoff Giller

Überraschender Effekt: Streusalz kann offenbar die Geschlechtsentwicklung von Fröschen beeinflussen. Wachsen Laubfrösche in versalzten Tümpeln auf, bilden sich zehn Prozent mehr Männchen als normal, wie Experiment ergab. Außerdem waren die Froschweibchen kleiner. Noch ist nicht klar, ob dies für alle Frösche gilt. Nach Ansicht der Wissenschaftler spricht dies dennoch dafür, das Salzstreuen auf den Straßen zu reduzieren.

Frösche haben es wirklich nicht leicht: Vielen von ihnen setzt der tödliche Amphibienpilz zu, andere werden durch Hitzewellen während ihrer Kaulquappenzeit zu Vegetariern. Schon länger ist zudem bekannt, dass Hormonrückstände im Abwasser und hormonähnlich wirkende Umweltgifte Froschmännchen zu Weibchen machen können.

Salziges Wasser = weniger Weibchen

Den genau umgekehrten Effekt könnte – zumindest bei einigen Froscharten – simples Streusalz haben, wie Max Lambert von der Yale University und seine Kollegen herausgefunden haben. Für ihre Studie hatten sie Laubfrosch-Kaulquappen in Wassertanks mit Laub und verschiedenen hohen Salzkonzentrationen aufgezogen. Sie simulierten damit Waldtümpel in unterschiedlicher Entfernung von mit Salz gestreuten Straßen.

Als die Frösche heranwuchsen, zeigten sich auffallende Unterschiede: In den Kunsttümpeln mit Kontrollbedingungen ohne zusätzliches Salz entwickelten sich zu 63 Prozent Weibchen. Diese sind typischerweise größer als die Männchen. Anders dagegen in den Becken mit erhöhtem Salzgehalt: Hier entstanden bis zu zehn Prozent weniger Weibchen als normal und diese waren zudem deutlich kleiner als üblich.

„Population könnte gefährdet sein“

Die Forscher halten diese Geschlechtsverschiebung für durchaus bedenklich: „Die Gesundheit und Anzahl der Weibchen ist entscheidend für die Überlebensfähigkeit jeder Population, denn sie sind es, die den Nachwuchs produzieren“, erklärt Lambert. „Wenn es plötzlich einen Männerüberschuss gibt, könnte die Population gefährdet sein.“

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Hinzu kommt, dass die Froschweibchen durch den erhöhten Salzgehalt der Tümpel auch kleiner bleiben. „Kleine Weibchen können möglicherweise nicht so viele Eier legen und die Eier haben wahrscheinlich eine schlechtere Qualität“, sagt Lambert. Zumindest für Froschpopulationen in der Nähe stark bestreuter Straßen könnte dies keine gute Nachricht sein.

Endokrines System genarrt

Warum aber wirkt das Streusalz vermännlichend auf die Frösche? Schon länger ist bekannt, dass selbst einige chemisch einfache Moleküle, darunter Natriumionen, das endokrine System der Frösche narren können: Die Stoffe docken an Rezeptoren an, die dem Körper vorgaukeln, es wäre Testosteron oder Östrogen.

„Bei nur einem Salzmolekül ist dieser Effekt sehr gering“, so Lambert. „Aber wenn man jeden Winter viel Streusalz auf die Straßen kippt, das dann in diese Tümpel gewaschen wird, dann kann das große Auswirkungen haben.“ Wenn sich dann im folgenden Frühjahr die Kaulquappen entwickeln, tun sie dies in noch immer versalztem Wasser.

Nach Ansicht der Forscher könnte das Streusalz auch andere Amphibien auf schleichende, bisher unerkannte Weise beeinträchtigen. „Viele andere wasserlebende Arten könnten auf nichttödliche Weise von Streusalz betroffen sein – nicht nur in Form veränderte Geschlechterverhältnisse, sondern auch auf andere Weise“, meist Koautor Rick Relyea vom Rensselaer Polytechnic Institute. (Canadian Journal of Fisheries and Aquatic Sciences, 2016; doi: 10.1139/cjfas-2016-0324)

(Yale School of Forestry & Environmental Studies, 23.11.2016 – NPO)

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