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Neurobiologie

Frauen aktivieren beim Sex mehr Hirn

Magnetresonanztomographie belegt Unterschiede

Dass Frauen Sex anders empfinden als Männer ist eine Binsenweisheit. Forschern ist es jetzt gelungen, diese Unterschiede auch anhand der Aktivierungsmuster des Hirns sichtbar zu machen.

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„Frauen aktivieren während der Erregung und beim Orgasmus mehr Gehirn als Männer“, sagt Professor Michael Forsting vom Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Universitätsklinik Essen. „Den Verdacht hatten wir immer schon, jetzt ist es bewiesen.“ In der derzeit größten deutschen Sexualstudie hat Forsting zusammen mit der Elke Gizewski beiden Geschlechtern ins Gehirn geschaut, während sie möglichst regungslos in einer Röhre lagen und hocherotische Filme ansahen. Für seine Untersuchungen nutzten die Neuroradiologen die funktionelle Magnetresonanztomographie, abgekürzt fMRT. Mit dem Verfahren, das ohne Röntgenstrahlung auskommt, läßt sich die Hirnaktivität bei bestimmten Tätigkeiten und Empfindungen mit einer Auflösung im Millimeterbereich darstellen.

Die Untersuchung nutzt die Tatsache, dass aktive Hirnareale mehr Blut brauchen und damit auch die Sauerstoffkonzentration im venösen Blut ansteigt. Diese, vom fMRT gemessenen Veränderungen macht der Computer sichtbar. Er weist den unterschiedlichen Sauerstoffkonzentrationen verschiedene Farben zu, wobei rot meist eine, gegenüber dem Ruhezustand vermehrte Hirnaktivität darstellt, während blaue Areale eine Unterdrückung oder verringerte Funktion signalisieren. Resultat der Tests: „Bei den Männern zeigten sich Ativierungsmuster in beiden Schläfenlappen der Großhirnrinde, bei den Frauen zeigte sich zusätzlich ein Areal im rechten Stirnhirn“, umreist Forsting die Ergebnisse seiner Studie. Doch welche Funktionen diese aktiven Bereiche haben, wissen die Forscher noch nicht.

Untersuchung mit praktischer Bedeutung

Dabei liegt dem Wissenschaftler weniger daran, alte Vorurteile mit neuen Hirnscans zu untermauern. Solche Untersuchungen hätten durchaus auch praktische Bedeutung, betont Forsting: „Es gibt Situationen, in denen es sehr wichtig ist zu wissen, ob man einen Mann oder eine Frau vor sich hat. Dieses Problem stellt sich vor allem bei Transsexuellen, die eine Geschlechtsumwandlung vornehmen lassen wollen. „Als Operateur hätten Sie da sicher gerne Gewissheit, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Ziel des Eingriffs ist es ja schließlich, dass diese Menschen mit ihrem neuen Körper glücklicher sind als vorher.“

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Bisher werden vor einer Geschlechtsumwandlung fast ausschließlich psychologische Tests angewandt. Dabei will Forsting die Kollegen keineswegs ersetzen, aber „je mehr Mosaiksteine man hat, um das wahre Geschlecht zu erkennen, um so sicherer dürfen sich die Patienten fühlen – und natürlich auch der Operateur.“

Ein weiteres brisantes Anwendungsgebiet dieser Techik könnte die Beurteilung von Sexualstraftätern sein. Diese sind sehr viel leichter erregbar als durchschnittliche Erwachsene. Für den Strafvollzug, für die Gutachter und für die Gesellschaft stellt sich natürlich die Frage, ob und wann man diese Menschen wieder in die Freiheit entlassen darf. Eine von mehreren Voraussetzungen dafür könnte es sein, bei diesen Menschen mit Hilfe von Hirnscans eine Normalisierung der Erregungsmuster nachzuweisen, gibt Forsting zu bedenken.

Die Forscher berichten über ihre Ergebnisse auf dem Röntgenkongress in Wiesbaden.

(idw – Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, 21.05.2004 – DLO)

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