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Evolution

Fossilfund: Größte Meeresschildkröte Europas entdeckt

Vor 75 Millionen Jahren lebendes Reptil wurde mehr als 3,70 Meter lang

Riesenschildkröte
Leviathanochelys aenigmatica, die größte Meeresschildkröte Europas. © ICRA_Arts

Gigant der Meere: Paläontologen haben die größte fossile Meeresschildkröte Europas entdeckt – und eine der größten marinen Schildkröten überhaupt. Die vor rund 70 bis 80 Millionen Jahren lebende Art Leviathanochelys aenigmatica war gut 3,70 Meter lang und damit mehr als doppelt so groß wie alle zuvor bekannten europäischen Meeresschildkröten. Leviathanochelys wirft dadurch ein neues Licht auf den Gigantismus kreidezeitlicher Riesenschildkröten und widerlegt die Annahme, dass dieser nur bei nordamerikanischen Arten auftrat.

In der Kreidezeit dominierten riesige Dinosaurier das Land. Doch auch im Meer tummelten sich gigantische Reptilien wie der neun Meter lange Meeresräuber Thalassotitan oder Archelon, die größte bekannte Meeresschildkröte. Archelon wurde bis zu 4,60 Meter lang und 3,2 Tonnen schwer und schwamm durch die Meere Nordamerikas. Seine europäischen Verwandten wirkten mit einer Panzerlänge von maximal 1,50 Metern im Vergleich eher schmächtig. Lange Zeit dachte man deshalb, dass ausschließlich nordamerikanische Meeresschildkröten damals so riesig wurden.

Rätselhafte Riesenschildkröte

Doch diese Annahme widerlegt nun ein Fund von Paläontologen um Oscar Castillo‑Visa von der Autonomen Universität Barcelona. Im Nordosten Spaniens stießen sie auf das Fossil einer gigantischen Meeresschildkröte aus der späten Kreidezeit vor 83,6 bis 72,1 Millionen Jahren. Sie tauften den Riesen auf den Namen Leviathanochelys aenigmatica, was so viel wie rätselhafte Riesenschildkröte bedeutet.

Die fossilen Überreste des Tieres bestehen aus dessen Becken und Teilen des Rückenpanzers. Anhand der Beckengröße schätzen die Paläontologen Leviathanochelys auf eine Länge von 3,74 Metern. Ihr Beckenknochen ist sogar etwas breiter als der von Achelon, der größten bekannten fossilen Schildkrötenart. Insgesamt stand Leviathanochelys diesem Giganten in ihrer Größe wahrscheinlich kaum nach, wie das Team erklärt.

Damit ist das fossile Reptil der erste Nachweis für riesige Meeresschildkröten in Europa und spielt gleichzeitig in der Liga der größten Meeresschildkröten aller Zeiten mit. „Leviathanochelys war eine der größten im offenen Meer lebenden Meeresschildkröten, die je die Ozeane der Erde durchstreifte“, konstatieren Castillo‑Visa und seine Kollegen.

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Auf der Suche nach Gründen für den Riesenwuchs

Der Fund von Leviathanochelys könnte dabei helfen, einige Fragen zur Evolution der Meeresschildkröten zu klären. Denn das Fossil belegt, dass ihr vor allem in der Kreidezeit verbreiteter Gigantismus kein regional begrenztes Phänomen war, sondern ein globales. Die Forschenden vermuten außerdem, dass Leviathanochelys das erste Exemplar einer ganz neuen Gruppe ausgestorbener Meeresschildkröten darstellen könnte. Das lässt ein markanter Knochenvorsprung an der Vorderseite des Beckens vermuten, den andere Gattungen nicht besitzen.

„Die Entdeckung von Leviathanochelys deutet stark darauf hin, dass der Gigantismus bei Meeresschildkröten im Laufe der Zeit unabhängig voneinander von verschiedenen Linien erworben wurde“, schreiben die Autoren. Diese Erkenntnis könnte wiederum dabei helfen, die Ursachen für den Riesenwuchs kreidezeitlicher Meeresschildkröten weiter zu ergründen.

Bisher vermuten Forschende, dass die Schildkröten diese übergroßen Formen entwickelten, weil die Größe sie vor Räubern geschützt und bei Wanderungen durch das offene Meer unterstützt haben könnte. Auch die Temperatur der kreidezeitlichen Meere könnte eine Rolle gespielt haben. Doch Leviathanochelys könnte zu genaueren oder sogar neuen Erkenntnissen führen. (Scientific Reports, 2022, doi: 10.1038/s41598-022-22619-w

Quelle: Scientific Reports

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