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Medizin

Forscher findet angeblich den G-Punkt

Sektion zeigt klar abgegrenzte anatomische Struktur im vorderen Bereich der Vagina

Relief eines Liebespaares © shibainu/CC-by-sa 2.0

Ein US-amerikanischer Gynäkologe ist sich sicher, den mysteriösen G-Punkt entdeckt zu haben: Er hat bei der Sektion einer 83-jährigen Verstorbenen in der vorderen Wand der Vagina eine sackähnliche Struktur identifiziert, die seiner Ansicht nach schwellkörperartiges Gewebe enthält. Genau dort wird die erogene Gräfenberg-Zone vermutet, die Frauen bei Stimulation intensive Lustgefühle und starke Orgasmen bescheren soll. Allerdings bleibt Adam Ostrzenski, der Autor der aktuellen Studie, den Beleg schuldig, ob die jetzt gefundene anatomische Besonderheit tatsächlich etwas mit dem Lustempfinden von Frauen zu tun hat. Der Gynäkologe, der am kommerziell ausgerichteten Institute of Gynecology in St. Petersburg in Florida arbeitet, stellt seine Beobachtung im Fachmagazin „Journal of Sexual Medicine“ vor.

In den 1950er Jahren beschrieb der deutsche Gynäkologe Ernst Gräfenberg eine „erogene Zone in der vorderen Wand der Vagina“, die entlang der Harnröhre verlaufe und mit Schwellkörpern ausgestattet sei. Seitdem versuchen Forscher, diese Zone – später Gräfenberg-Zone oder kurz G-Punkt getauft – in der weiblichen Anatomie zu identifizieren. In schöner Regelmäßigkeit gibt es neue Publikationen dazu, die sich nicht selten gegenseitig widersprechen. Die letzte größere stammt aus dem Jahr 2010 und fand keine Hinweise auf die Existenz des G-Punktes, während nur ein Jahr zuvor eine italienische Forschergruppe eine Verdickung in der Scheidenwand zum anatomischen Beweis für den G-Punkt erklärt hatte.

Untersuchung einer einzigen Frau

Auch Ostrzenski ist überzeugt, die entsprechende anatomische Struktur nun gefunden zu haben. Er habe nicht nur, wie die meisten Forscher, das oberflächliche Gewebe seziert, sondern sei auch in tiefere Schichten eingedrungen. In seinem Institut beschäftigt er sich vor allem mit kosmetischen Operationen im Vaginalbereich und wird daher in den USA regelmäßig als Experte für die weibliche Anatomie zitiert. Sein Studienobjekt war eine 83-jährige Frau, die wenige Stunden vor der Untersuchung an einer Kopfverletzung gestorben war. Bei der Sektion der Vagina dieser Frau stieß Ostrzenski auf eine etwa acht Millimeter lange und dreieinhalb Millimeter breite Struktur, die sich zu einem Ende hin verjüngt. Sie sei so angeordnet, schreibt der Gynäkologe, dass sie nicht parallel zur Harnröhre verlaufe, sondern mit dieser einen Winkel von 35 Grad bilde. Das untere Ende liege dabei lediglich drei Millimeter von der Harnröhre entfernt und das obere 15 Millimeter.

Aus dem Körper entnommen habe sich die Struktur wie ein kleiner, von einer bindegewebsartigen Schicht bedeckter Sack dargestellt, in dessen Inneren bläuliche traubenförmige Gebilde zu erkennen gewesen seien. Diese Gebilde erinnern Ostrzenski an Schwellkörper, wie sie beispielweise im Bereich der Klitoris zu finden sind. Für den Amerikaner ist klar: Der Fund dokumentiert eindeutig die anatomische Existenz des G-Punktes.

Deutsche Expertin: „Kein Erkenntnisgewinn“

Diese Einschätzung teilen allerdings nicht alle seine Kollegen. Marion Kiechle, Direktorin der Universitäts-Frauenklinik der Technischen Universität München und Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, ist beispielsweise deutlich weniger euphorisch. „Schon häufig wurde versucht, die Existenz des G-Punktes anatomisch-funktionell nachzuweisen. Besonders hartnäckig wird diese Diskussion von denjenigen geführt, die selbst Unterspritzungen, Vergrößerungen, Verlagerungen des vermuteten G-Punktes anbieten und damit suggerieren, es sei möglich, durch diese Eingriffe die Qualität des sexuellen Erlebens zu steigern“, kommentiert sie. Ostrzenskis Untersuchung, die ja lediglich auf der Sektion einer einzigen Frauenleiche beruhe, sei in diese ungezählten Versuche einzureihen und trage nicht zum Erkenntnisgewinn bei.

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doi: 10.1111/j.1743-6109.2012.02668.x

(Journal of Sexual Medicine, 25.04.2012 – NPO)

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