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Biologie

Forscher finden Ort ohne Leben

In den extremen Dallol-Tümpeln in Äthiopien können nicht einmal Mikroben überleben

Dallol-Tümpel
Extrem sauer, salzig und noch dazu heiß: In den Tümpeln von Dallol in Äthiopien können nicht einmal mehr Mikroben überleben. © Puri Lopez-Garcia

Tödliche Brühe: Mikroben gedeihen selbst unter extremsten Bedingungen – so dachte man. Doch jetzt haben Forscher einen irdischen Ort entdeckt, an dem es keinerlei Leben gibt, nicht einmal die sonst so widerstandsfähigen Archaeen. Es handelt sich um heiße, salzige und extrem saure Tümpel in der Danakil-Senke in Äthiopien. Offenbar ist die Kombination von Salz und extremer Säure selbst für die härtesten Mikroben zu viel, wie die Forscher berichten.

Das Leben ist enorm anpassungsfähig: Selbst an einigen der extremsten Orte auf der Erde wimmelt es noch von Bakterien oder Archaeen – ob unter dem Eis der Antarktis, in giftigem Vulkangas, in sauren und schwermetallhaltigen Böden und Gewässern oder sogar am Grund des Marianengrabens. Einige dieser Extremophilen vertragen sogar radioaktive Strahlung und könnten selbst das Vakuum des Weltraums überstehen.

Dallol-Tümpel
Blick auf einen der extrem sauren und salzigen Tümpel von Dallol. © A.Savin /Lizenz Freie Kunst

Fahndung unter höllischen Bedingungen

Doch wo liegen die Grenzen dieser Anpassungsfähigkeit? Um das herauszufinden, haben Jodie Belilla von der Universität Paris-Saclay und ihre Kollegen einen Ort untersucht, der zu den extremsten der Erde gehört: die Dallol-Tümpel in der äthiopischen Danakil-Senke. Diese von vulkanischen Quellen und Gasen geprägten Tümpel sind teilweise mehr als 100 Grad heiß, sind extrem sauer und haben Salzgehalte von bis zu 70 Prozent.

Die große Frage war, ob es auch in dieser Kombination gleich mehrerer lebensfeindlicher Bedingungen noch Leben gibt. „Organismen, die gleichzeitig an sehr niedrigen pH, hohe Salzgehalte und hohe Temperaturen angepasst sind, waren bislang unbekannt“, erklären die Forscher. Dennoch hatte eine frühere Studie in den Dallol-Tümpeln offenbar Archaeen nachgewiesen. Dies haben Belilla und ihr Team nun noch einmal mit einer Kombination aus Genanalysen, Mikroskopie und chemischen Analysen überprüft.

Keine Spur von Leben

Das Ergebnis: Entgegen der früheren Studie sind die Tümpel von Dallol völlig tot. „Unsere Ergebnisse sprechen stark dafür, dass es kein aktives mikrobielles Leben in den salzigen, heißen und hypersauren Tümpeln gibt und auch nicht in den benachbarten magnesium-reichen Salzseen“, berichtet Belillas Kollegin Purificacion Lopez-Garcia. Weder die Analysen noch die Versuche, Mikroben zu kultivieren, ergaben einen Hinweis auf lebende Bakterien oder Archaeen.

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Zwar konnten die Forscher durchaus einige mikrobielle Gensequenzen nachweisen, diese stammten aber alle von Kontaminationen, wie Genvergleiche ergaben. Teilweise war dieses Genmaterial von der Laborausrüstung in die Proben gelangt, teilweise stammte es von Haaren oder Hautschuppen von Touristen, die die Tümpel besuchen, wie die Forscher berichten. Auch Reste toter Archaeen, die offenbar vom Wind in die Tümpel geweht worden waren, konnten Belilla und ihr Team nachweisen.

Denn im Umfeld der Tümpel existieren durchaus verschiedenen Mikroben: „Was es gibt, ist eine große Vielfalt an salzliebenden Archaeen in der Wüste und den Salzcanyons rund um die hydrothermalen Tümpel“, berichtet Lopez-Garcia.

Die Kombination macht’s tödlich

Nach Ansicht der Forscher bestätigen ihre Ergebnisse, dass auch auf der sonst so lebensfreundlichen Erde tote, völlig sterile Orte existieren – Kombinationen von Umweltbedingungen, die selbst die härtesten Extremophilen nicht mehr vertragen. Ihren Untersuchungen nach sind es vor allem zwei physikochemische Barrieren, die ein Leben an solchen Orten verhindern.

Das eine ist die Kombination von extrem saurem und gleichzeitig extrem salzigem Milieu. Bei einem pH-Wert von 0 und einem Salzgehalt von mehr als 35 Prozent können die Zellen ihre Anpassungsmechanismen gegen diese Extreme nicht mehr gleichzeitig aufrechterhalten, wie die Forscher erklären. Der zweite lebensfeindliche Faktor ist ein hoher Gehalt an Magnesiumsalzen. Denn sie brechen Wasserstoffbrückenbindungen auf und führen zur Denaturierung wichtiger Biomoleküle.

Grenzen auch für außerirdisches Leben?

Das Wissen um solche Grenzen des Lebens ist nicht nur für die irdische Biologie relevant, sondern auch für die Suche nach Leben im All. Denn bisher ist offen, ob beispielsweise die Salzlaugen des Mars oder die subglazialen Ozeane der Monde Europa und Enceladus Leben ermöglichen. Doch wie sich nun zeigt, bedeutet die Präsenz von flüssigem Wasser auf einem Exoplaneten oder Mond nicht automatisch, dass diese Welt auch lebensfreundlich und habitabel ist.

„Es gibt selbst auf der Erdoberfläche Orte, die steril sind, obwohl sie flüssiges Wasser enthalten“, sagt Lopez-Garcia. „Wir erwarten daher nicht, dass es extraterrestrisches Leben in ähnlich extremen Umgebungen geben kann – zumindest nicht Leben, das auf einer Biochemie ähnlich der irdischen beruht.“ (Nature Ecology & Evolution, 2019; doi: 10.1038/s41559-019-1005-0)

Quelle: Plataforma SINC

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