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Biologie

Forscher decken „Spritverbrauch“ von Pflanzen auf

Neues Analyseverfahren gewährt Einblicke in den pflanzlichen Stoffwechsel

Modellorganismus der Pflanzenphysiologen: An der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) untersuchen die Forscher den Stoffwechsel von Pflanzenzellen. © MPI für molekulare Pflanzenphysiologie

Wissenschaftler haben eine neue Methode zur Auswertung des Stoffwechselgeschehens in Pflanzen entwickelt. Sie erlaubt es, komplexe Vorgänge in der Pflanzenzelle funktional zu verstehen, berichten die Forscher in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Molecular Systems Biology“.

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Was passiert in einer Pflanze, während sie wächst oder neue Blätter bildet? Um die komplexen Vorgänge in lebenden Pflanzenzellen zu verstehen, haben Forscher vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam ein Verfahren etabliert, das es ermöglicht, die Neubildung von Proteinen zu messen und mit dem Gehalt vorhandener Proteine in der Pflanzenzelle zu vergleichen.

Kosten für die Pflanze ermitteln

So können sie die Stoffwechselaktivität direkt bestimmen und die energetischen und stofflichen Kosten für die Pflanze abschätzen. Voraussetzung hierfür ist es, die Anzahl der Ribosomen – den Eiweißfabriken in der Zelle – sowie die Menge der für die Proteinbildung benötigten Genabschriften – die so genannte Boten-RNA (mRNA) – möglichst exakt zu analysieren.

Die Bildung von Proteinen erfolgt in einem hoch regulierten Prozess. Entsprechend dem Bedarf der Zelle wird die passende genetische Information von der DNA abgeschrieben und als mRNA aus dem Zellkern ausgeschleust. Im Zellsaft, dem Cytosol, lagern sich die Ribosomen dann an die mRNA an. Im Komplex aus mRNA und Ribosom, der Polysom genannt wird, findet die Translation statt, in deren Verlauf die Information der mRNA in eine Kette von Aminosäuren umgesetzt wird, die in ihrer Gesamtheit das Protein ergeben. Polysomen eignen sich daher hervorragend, um die Bildungsraten von Proteinen zu untersuchen.

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35 Schlüsselenzyme untersucht

Im Experiment haben die Max-Planck-Forscher ihre Methode auf 35 Schlüsselenzyme des Kohlenstoff- und Stickstoff-Stoffwechsels angewendet. „Die neue Methode erlaubt uns, das Stoffwechselgeschehen und den energetischen Aufwand in ihrem Gesamtzusammenhang zu sehen. Das ermöglicht uns zu verstehen, welche Kosten unterschiedliche Wachstumsstrategien für die Pflanze haben“, sagt Mark Stitt vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie.

Bisherige Verfahren zur Bestimmung der Stoffwechselaktivität nutzen meist qualitative Methoden, die nur Aussagen wie „mehr oder weniger als“ ermöglichen. Mit der neuen Vorgehensweise hingegen können die Wissenschaftler die Syntheseraten und Lebensdauer von Proteinen errechnen. Hierzu geben sie vor Beginn der Extraktion und Analyse definierte Mengen künstlicher RNA zum Pflanzenmaterial hinzu. So erhalten sie eine Referenz, um die Menge der Genabschriften und der Ribosomen genau zu bestimmen. Zusätzlich messen sie die Menge ausgesuchter Proteine (Enzyme). Die Kombination dieser Verfahren ergibt ein Gesamtbild der Prozesse, die in der Pflanzenzelle ablaufen.

„Entscheidend ist, was hinten raus kommt“

Der Unterschied beider Methoden ist nach Ansicht der Wissenschaftler mit der Verbrauchsanzeige im Auto vergleichbar: Während der Beschleunigung steigt der Verbrauchswert stark an, für die Berechnung des tatsächlichen Benzinverbrauchs des Autos muss der Pegel im Benzintank allerdings über einen längeren Zeitraum gemessen und mit der zurückgelegten Fahrtstrecke verglichen werden. Mit ihren Gesamtbetrachtungen nähern sich die Forscher der Pflanzenzelle sozusagen nach dem Motto: „Entscheidend ist, was hinten raus kommt“.

(MPG, 21.10.2009 – DLO)

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