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Chemie

Flammschutzmittel aus Pflanzen?

Forscher kreieren flammenhemmende Verbindungen aus Buchweizen und Co

Buchweizen
Buchweizen und andere Pflanzen enthalten Verbindungen, die sich als Basis für Flammschutzmittel eignen. © rezkrr/ iStock.com

Brandhemmer aus der Natur: Forscher haben Flammschutzmittel auf pflanzlicher Basis entwickelt. Die neuen Substanzen bestehen aus chemisch veränderten Verbindungen, die ursprünglich zum Beispiel aus Buchweizen stammen. Der Vorteil: Diese Flammschutzmittel sind besser abbaubar und wahrscheinlich auch weniger gesundheitsschädlich als viele der gängigen Varianten – und funktionieren genauso gut.

Ob in Dämmmaterial, Polstermöbeln oder Elektrogeräten: Viele Alltagsgegenstände enthalten Flammschutzmittel, die im Falle eines Brandes die Ausbreitung der Flammen hemmen oder verhindern sollen. Das macht Wohn- und Arbeitsräume einerseits sicherer. Andererseits hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass manche dieser Verbindungen auch ein Risiko darstellen können – vor allem Erdöl-basierte Organohalogene wie bromierte Flammschutzmittel stehen dabei im Fokus.

Viele dieser Substanzen dünsten im Laufe der Zeit aus den Objekten aus und geraten in die Raumluft. Werden die potenziell giftigen Stoffe dann eingeatmet, könnte dies negative gesundheitliche Folgen haben. Hinzu kommt, dass auf Deponien entsorgte Flammschutzmittel in die Umwelt gelangen und Wasser, Boden und Luft nachhaltig kontaminieren können. Denn diese Verbindungen sind sehr stabil und schlecht abbaubar.

Pflanzliche Ausgangsverbindungen

Aus diesen Gründen ist die Verwendung bestimmter Flammschutzmittel inzwischen eingeschränkt beziehungsweise verboten worden. „Es werden dringend neue Materialien benötigt, die nicht toxisch und leichter abbaubar sind“, sagt Bob Howell von der Central Michigan University in Mount Pleasant. Der Chemiker und seine Kollegen haben sich daher nun in der Natur auf die Suche nach möglichen Alternativen gemacht: bei Pflanzen.

Die Wissenschaftler fahndeten nach pflanzlichen Verbindungen, die durch das Hinzufügen von Phosphoratomen leicht in Flammschutzmittel verwandelt werden können. Der Hintergrund: Viele phosphorhaltige Verbindungen haben flammenhemmende Eigenschaften, wie sie berichten. „Die Verwendung biobasierter Ausgangsstoffe hat dabei den Vorteil, dass diese häufig nicht giftig und biologisch abbaubar sind – viele Organismen sind gewöhnt daran, sie zu verdauen“, erklärt Howell.

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Flammschutzmittel
Epoxidharz ohne Flammschutz brennt (links). Mit den neuen Mitteln auf Pflanzenbasis beschichtet, bilden sich dagegen keine Flammen. © Yoseph Getachew

So gut wie viele gängige Mittel

Die Wahl des Forscherteams fiel schließlich auf zwei Substanzen als Ausgangsmaterialien: Gallussäure (3,4,5-Trihydroxybenzoesäure), die natürlicherweise in essbaren Pflanzenblättern, Früchten und Nüssen enthalten ist, sowie die zum Beispiel in Buchweizen vorkommende 3,5-Dihydroxybenzoesäure. Mithilfe einer vergleichsweise simplen chemischen Reaktion wandelten Howell und seine Kollegen die Hydroxygruppen dieser beiden Kohlenwasserstoff-Verbindungen in Phosphorester um.

Wie gut würden diese neuen Flammschutzmittel aus Pflanzenstoffen funktionieren? Dies testeten die Wissenschaftler mit DGEBA-Epoxidharz – einem Material, das häufig in Elektronik, Autos oder auch Flugzeugen verwendet wird. Die Ergebnisse zeigten: Tatsächlich konnten die dem Epoxidharz hinzugefügten Flammschutzmittel die Hitzebildung und Flammenausbreitung erfolgreich hemmen. Die pflanzenbasierten Mittel funktionierten dem Team zufolge ebenso gut wie viele der gängigen Organohalogene.

„Attraktive Alternative“

„Phopshorverbindungen auf der Basis von Bioquellen stellen somit eine attraktive Alternative zu den traditionellen Flammschutzmitteln dar“, konstatieren die Forscher. Zur Verträglichkeit ihrer neuen Flammschutzmittel haben sie bisher zwar noch keine Tests durchgeführt. Studien mit ähnlichen Verbindungen legten jedoch nahe, dass von den Substanzen keine Gesundheitsgefahr zu erwarten sei. Ein weiterer Vorteil: Anders als viele gängige Flammschutzmittel sind die pflanzenbasierten Alternativen weniger flüchtig. Das Risiko ist daher geringer, dass sie in die Raumluft ausdünsten.

Howell und seine Kollegen hoffen nun, ihre neuen Flammschutzmittel in Zukunft weiter entwickeln und mithilfe eines Unternehmens vermarkten zu können. (American Chemical Society Meeting, 2019)

Quelle: American Chemical Society Meeting

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