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Biologie

Fische: „Vordrängler“ werden bestraft

Strafandrohung reicht, um die soziale Ordnung aufrechtzuerhalten

Meergrundel im Riff © James Cook University

Wer vordrängelt, wird bestraft – auch bei Fischen. Die in den Korallenriffen Australiens lebenden Meergrundeln schließen Artgenossen aus, die bei der Paarung nicht die übliche Reihenfolge einhalten – ältere und größere Weibchen zuerst – sondern „außer der Reihe“ balzen. Diese erstmals bei Fischen entdeckte Methode der Stabilisierung einer sozialen Ordnung erlaubt auch Rückschlüsse auf das Verhalten anderer Tierarten.

Marian Wong vom ARC Centre of Excellence for Coral Reef Studies der australischen James Cook Universität untersuchte gemeinsam mit Kollegen der Biologischen Station von Donanan in Spanien das Fischverhalten in einem Riff des Great Barrier Reef vor der australischen Küste. Bei den Meergrundeln paaren sich nur das ranghöchste Weibchen und Männchen – alle anderen Weibchen bilden quasi eine streng hierarchisch geordnete „Schlange“.

Wer „drängelt“ wird ausgeschlossen

Entscheidend für die Position in der Schlange ist dabei ausschließlich die Größe der Fische: Die Forscher stellten fest, dass jeder Fisch sich um fast genau fünf Prozent von der Größe des vorhergehenden und des nachfolgenden Tieres unterschied. „Viele Tiere bilden solche Arten von sozialen Schlangen, in denen die kleineren Mitglieder mit der Paarung warten müssen bis sie an der Reihe sind“, erklärt Wong. „Wir wollten herausfinden, wie sie die Stabilität in einer Situation bewahren, die durch sehr starke Konkurrenz geprägt ist.“

Bei ihren Untersuchungen entdeckten die Forscher Überraschendes: Wich ein Tier von dieser Ordnung ab, indem es diesen Abstand unterschritt, reagierte das nächsthöhere Fischweibchen, indem es versuchte, die „Vordränglerin“ aus dem Verband auszuschließen. Doch dem nicht genug: Offenbar gab es bei den Fischen eine Art „vorauseilenden“ Gehorsam, der dafür sorgte, das ein solcher Fall gar nicht erst eintrat: Wenn die rangniedrigeren Fische zu groß zu werden drohten, hielten sie von sich aus eine Art „Diät“ ein, um ihren Größenbereich und damit die Position in der Rangfolge, einzuhalten und einer möglichen Bestrafung zu entgehen.

Verhaltensmuster erlaubt Rückschlüsse auch auf höhere Tiere

„Die sozialen Hierarchien sind bei diesen Fischen sehr stabil und in der Praxis sind Rangkämpfe und Ausschlüsse extrem selten – wahrscheinlich weil der Ausschluss aus der Gruppe und dem Riffgebiet, den sie bewohnt den fast sicheren Tod bedeutet“, so Wong. „Es scheint klar, dass die Fische die Drohung der Strafe akzeptieren und kooperieren, um ihre soziale Ordnung zu erhalten – das ist nicht so viel anders als das Verhalten von Menschen und anderen Tieren.“

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Die jetzt in der Fachzeitschrift “Proceedings of the Royal Society of London Series B” veröffentlichte Studie könnte daher wichtige Rückschlüsse auch auf andere Tierarten erlauben und wurde von führenden Biologen bereits als “must-read”-Publikation eingestuft. „Die Meergrundeln haben neues Licht darauf geworfen, wie soziale Ordnung im Tierreich erhalten wird“, erklärt Wong. „Es ist zwar nicht legitim, eine direkten Verbindung zwischen Fischverhalten und beispielsweise menschlichem Verhalten zu sehen, es ist aber klar, dass es allgemeine Verhaltensmuster gibt, die auch auf viele höhere Lebensformen zutreffen, uns eingeschlossen. Daher hilft uns das zu verstehen, warum wir einige Dinge tun, die wir tun.“

(James Cook University, 27.06.2007 – NPO)

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