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Biologie

Fische im Trüben nutzen Infrarot-Blick

Je trüber das Wasser, desto besser die Infrarot-Sehfähigkeit von Fischen

Mosambik-Buntbarsch (Tilapia) © Destinationkho / CC-by-sa 3.0

Erst vor kurzem haben Forscher herausgefunden, dass einige Fischarten Infrarot sehen können. Jetzt zeigt ein Vergleichs-Experiment: Je trüber der Lebensraum einer Fischart, desto besser sind die jeweiligen Arten an die Infrarotsicht angepasst. Das belegt, dass die Infrarotsicht tatsächlich das Ergebnis einer evolutionären Anpassung ist – und bei mehr Fischarten vorkommen könnte als bisher angenommen.

Je trüber das Wasser, desto schlechter ist auch die Sicht. Denn Teile des für uns sichtbaren Lichts werden an den Mikropartikeln, die das Wasser trüben, gestreut und absorbiert. Das langwelligere rote und infrarote Licht wird dagegen nicht so stark gestreut, daher erhöht sich sein relativer Anteil im trüben Wasser deutlich. Das Wissen, dass Fische überhaupt in der Lage sind, dieses Licht im Bereich des nahen Infrarots zu sehen, ist noch sehr neu in der Biologie. Erst im letzten Jahr entdeckten Forscher der Universität Hohenheim , dass Mosaik-Buntbarsche auf Infrarotlicht reagieren. Im Test schwammen die Fische gezielt auf die infrarote Lichtquelle zu.

Fische aus klarem und trüben Wasser verglichen

Denis Shcherbakov von der Universität Hohenheim und seine Kollegen haben nun eine systematische Vergleichsstudie durchgeführt, um die ökologische Bedeutung des Infrarot-Sehens zu untersuchen. Dazu wählten sie fünf Fischarten aus verschiedenen Lebensräumen – drei Arten, die Klarwasser bevorzugen, und zwei aus trüben Gewässern. „Als Klarwasserfische wählten wir zwei beliebte Zierfische, Guppy und Schwertträger, und den als Forschungsobjekt sehr beliebten Zebrafisch“ erklärt Alexandra Knörzer. Der Nilbuntbarsch und der Mosambik-Buntbarsch hingegen sind zwei wirtschaftlich wichtige Speisefische aus sehr trüben Gewässern.

Für die Experimente setzten die Biologen jeweils einen Jungfisch in einen kleinen runden Wasserbehälter und beleuchteten ihn mit Infrarotlicht verschiedener Wellenlängen. „Eine einzelne Lichtquelle wirkt auf Fische wie das Licht am Ende eines Tunnels auf uns“ erklärt der Forscher. „Wenn sie es wahrnehmen, bewegen sie sich direkt darauf zu.“

Langwellige Sicht vor allem im Trüben

Dabei zeigte sich, dass die Fischarten sehr unterschiedlich reagierten. „Am lichtempfindlichsten waren Nil- und Mosambik-Buntbarsche, die beiden Spezies aus dem trüben Lebensraum. Sie nahmen die infrarote Strahlung bis zu einem Spektralbereich von über 930 Nanometern wahr“, fasst Shcherbakov zusammen. Viel geringer war dagegen die Lichtempfindlichkeit der Klarwasserfische: „Guppys und Zebrafische zeigten bereits ab Wellenlängen über 910 Nanometern keinerlei Reaktion mehr. Der Schwertträger reagierte sogar nur auf Wellenlängen bis zu 845 Nanometern.“

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Nach Ansicht der Forscher deuten diese Ergebnisse auf eine klare evolutionäre Anpassung hin: Die verschiedenen Fischarten haben sich im Laufe der Zeit an die in ihren Lebensräumen vorherrschenden Lichtbedingungen angepasst. „Ganz offensichtlich haben sich Fische diesen Umstand im Laufe der Evolution zunutze gemacht“, meint Shcherbakov.

Die Ergebnisse eröffnen außerdem völlig neue Beobachtungsmöglichkeiten für Verhaltensstudien. „Wenn wir die individuellen Sehgrenzen der verschiedenen Fischarten kennen, können wir die Fische bei Lichtwellen beobachten, die für Beobachtungskameras sichtbar sind, während sich der Fisch in völliger Dunkelheit wähnt. Das ist für alle Studien wichtig, in denen eine störende Wirkung vom wahrnehmbaren Licht sicher ausgeschlossen werden muss.“ Für solche Experimente könnten dann spezielle LED-Lampen verwendet werden: Diese strahlen infrarotes Licht eines genau definierten Spektrums aus, welches die Fische sicher nicht wahrnehmen können. (PLoS ONE, 2013; doi: 10.1371/journal.pone.0064429)

(Universität Hohenheim, 25.06.2013 – NPO)

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