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Neurobiologie

Faustballen hilft beim Lernen

Einseitige Anspannung regt gezielt die für das Merken und Abrufen wichtigen Hirnhälften an

Beim Memorieren die rechte Faust ballen hilft © SXC

Klingt kurios, funktioniert aber offensichtlich: Wenn wir beim Pauken von Vokabeln oder anderen Fakten die rechte Faust ballen, prägen sie sich besser ein. Ballen wir dann beim Abrufen des Gelernten die linke Faust, hilft dies ebenfalls. Das zeigt ein Experiment US-amerikanischer Forscher. Sie haben auch eine Idee, warum das funktioniert: Die einseitige Anspannung aktiviert jeweils die entgegengesetzte Seite unseres Gehirns. Und weil die Zentren fürs Merken und Abrufen in jeweils anderen Hirnhälften liegen, lässt sich ihre Tätigkeit gezielt anregen, wie die Forscher im Fachmagazin „PloS ONE“ berichten.

Dass in unserem Gehirn Arbeitsteilung herrscht, ist schon länger bekannt. So liegen die wichtigsten Sprachzentren beispielsweise bei den meisten Menschen in der linken Hirnhälfte, sie steuert auch die Bewegungen unserer rechtsseitigen Gliedmaßen. Die rechte Seite dagegen ist für die linke Körperseite zuständig, sie ist zudem der Sitz des Faktengedächtnisses. Und auch wenn es um das Lernen geht, sind die Aufgaben geteilt, so zumindest besagt es eine Theorie. Demnach findet das Aufnehmen und Verarbeiten neuer Informationen im linken Teil unseres Stirnhirns statt, der rechte Teil ist dagegen dafür verantwortlich, episodische Erinnerungen abzurufen.

Welche Wirkung hat es aber, wenn wir beim Lernen jeweils die Hirnhälfte stimulieren, die gerade arbeiten soll – also die linke beim Memorieren und die rechte beim Abrufen? Das wollten Ruth Propper von der Montclair State University in New Jersey und ihre Kollegen klären. Statt aufwändiger Hirnstimulationen wählten sie aber einen verblüffend einfachen Weg, um die Hirnhälften in Schwung zu versetzen: körperliche Bewegung.

Faustballen beim Wörter-Lernen

Für ihre Studie sollten sich 51 rechtshändige Probanden zunächst eine Liste von 36 Wörtern einprägen. Dann, nach einer ablenkenden Aufgabe, sollten sie sich an so viele dieser Wörter wie möglich erinnern und diese niederschreiben. Der eigentliche Clou dabei: Ein Teil der Probanden presste direkt vor Beginn des Memorierens zwei Mal 45 Sekunden lang einen Gummiball fest in der rechten Hand, ein anderer Teil ballte die linke Hand und die Kontrollgruppe hielt die Hand einfach locker geöffnet. Beim Abrufen der erinnerten Wörter ballten die Teilnehmer wieder vorher kurz ihre rechte oder linke Faust oder hielten den Ball nur lose fest.

Interessanterweise zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Gruppen: Diejenigen, die beim Lernen der Wörter ihre rechte und später ihre linke Faust geballt hatten, schnitten signifikant besser ab, wie die Forscher berichten, Sie hatten sich mehr Wörter korrekt gemerkt als die anderen Gruppen. Am schlechtesten war dagegen das Ergebnis bei den Probanden, die erst ihre linke Faust ballten. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass bestimmte Körperbewegungen kurzzeitig unsere Hirnfunktionen beeinflussen und so auch das Gedächtnis verbessern können“, erklärt Propper.

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Bewegung aktiviert zuständige Hirnhälfte

Weil die Bewegung der rechten Hand von der linken Hirnhälfte aus gesteuert wird, überträgt sich diese Aktivität offenbar auch auf die nahebei sitzenden Hirnareale, die für die Speicherung von verbalen Informationen zuständig sind, wie die Forscher mutmaßen. Eine Stimulation der rechten Hirnhälfte zu diesem Zeitpunkt scheint das Merken von Wörtern dagegen eher zu hemmen. Etwas schwächer ausgeprägt aber dennoch nachweisbar war der Effekt der Bewegung auf das Abrufen der Informationen. Auch hier förderte offenbar die Aktivierung der für diese Aufgabe zuständigen Hirnhälfte – der rechten – die Leistungen der Probanden.

Noch ist allerdings nicht klar, ob dieser Effekt nur für Wörter und andere sprachliche Informationen gilt, oder ob sich damit auch das visuelle oder räumliche Gedächtnis stärken lässt, wie die Wissenschaftler betonen. Zudem müsse man diesen Versuch auch noch mit einer größeren Probandenzahl wiederholen, um das Ergebnis zu erhärten. (PloS ONE, 2013; doi: 10.1371/journal.pone.0062474)

(Public Library of Science, 26.04.2013 – NPO)

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