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Evolution

Eulen: Rätsel der Kopfdrehung gelöst

Forscher klären auf, warum Eulen ihren Kopf bis auf den Rücken drehen können

Uhu - auch sie können den Kopf sehr schnell bis auf den Rücken drehen. Die Natur verhilft den Vögeln damit zu einer leisen Jagd. © Tony Hisgett / CC-by-sa 2.0 us

Den Kopf auf den Rücken und darüber hinaus zu drehen, ist für Eulen kein Problem. Warum sich diese Vögel dabei nicht die Blutzufuhr zum Gehirn abschneiden, haben US-amerikanische Forscher jetzt herausgefunden: Die Blutgefäße im Genick der Vögel haben mehr Spiel als bei uns und zusätzlich sichern „Reserveadern“ und Blutreservoirs die Versorgung des Gehirns bei extremer Drehung, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten.

Die Schneeeule „Hedwig“ hat ihrem Meister Harry Potter gerade noch ins Gesicht geblickt, nun dreht sie ihren Kopf – immer weiter, bis in die entgegengesetzte Richtung und sogar noch darüber hinaus: Eulen können ihren Kopf in beide Richtungen um mehr als 270 Grad verdrehen. „Eigentlich müssten sie dabei tot zu Boden fallen, weil sie sich die Blutzufuhr zum Gehirn abschnüren“, sagt Philippe Gailloud von der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore.

Um dem Geheimnis der spektakulären Flexibilität der Eulen auf die Spur zu kommen, untersuchten die Forscher Köpfe und Hälse von zwölf frisch verstorbenen Vögeln. Mit Hilfe eines CT-Scanners erstellten sie dreidimensionale Aufnahmen der Blutgefäße und Knochen dieser Körperteile. Außerdem injizierten sie einen flüssigen Kunststoff in die Arterien der toten Vögel. Er verdeutlichte die Strukturen der Blutgefäße, als die Forscher diese sezierten.

Mehr Spiel am Wirbel und Sicherheitsarterien

Durch die Untersuchungen offenbarte sich ein deutlicher Unterschied zur Halsanatomie des Menschen: Die Wirbellöcher, durch welche eine der Halsschlagadern vom Körper der Eule in den Kopf führt, sind deutlich größer als das Blutgefäß selbst. Das lässt der Ader Raum für Bewegung, erklären die Forscher. Im Gegensatz dazu sitzen die menschlichen Arterien passgenau in den Wirbellöchern. Zusätzlich besitzen Eulen noch spezielle „Sicherheitsarterien“ im Hals, die eine Notversorgung ermöglichen, wenn es tatsächlich mal klemmen sollte, berichten die Forscher.

Außerdem entdeckten Gailloud und seine Kollegen, dass die Halsschlagadern im oberen Bereich des Halses über Ausbuchtungen verfügen, die vermutlich zusätzlich als Blutreservoir bei einer extremen Verdrehung des Kopfes dienen. „All diese Schutzsysteme fehlen dem Menschen, deshalb sind für uns extreme Verdrehungen des Kopfes, beispielsweise bei Unfällen, lebensgefährlich“, sagt Gailloud.

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Bei Eulen lassen die obersten Wirbel den Halsschlagadern mehr Platz: Die knöchernen Bögen sind bei ihnen reduziert. © Gailloud et al./ Science

Lautlose Beobachter

Der Grund, warum die Eulen einen hypermobilen Hals entwickelt haben, liegt an ihrer Lebensweise als Lauerjäger. Um Beutetiere wie beispielsweise Mäuse nicht zu verschrecken, müssen sie leise und unauffällig sein, aber dennoch ein möglichst großes Areal überwachen können. Deshalb sitzen sie regungslos da, nur der Kopf dreht sich sanft und lautlos. Die Drehung gleicht außerdem aus, dass die Vögel nicht in der Lage sind, ihre Augen unabhängig vom Kopf zu bewegen.

Mindestens genauso wichtig ist aber auch die flexible Ausrichtung des Gehörs: Bei Eulen formt der sogenannte Schleier – die ringförmig angeordneten Federn um die Augen – eine Art Schalltrichter, der Geräusche direkt zu den Ohröffnungen leitet. Durch die Drehung des Kopfes können Eulen dieses raffinierte Hörsystem präzise auf Geräuschquellen ausrichten. Durch die Kombination von extrem drehbarem Kopf mit gerichtetem Blick und sensiblem Gehör können Eulen sowohl das feinste Zucken eines Mäuseschwänzchens als auch das leiseste Knuspern an einem Krümel präzise orten.

(Science, 01.02.2013 – NPO)

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