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Biotechnologie

Erstes Tier aus "Stammzell-Spermien"

Männliche Keimzellen entstanden aus embryonalen Stammzellen

Eine Mäuse-Zucht der besonderen Art ist jetzt Göttinger Wissenschaftlern gelungen: Sie produzierten Mäuse-Nachkommen nicht aus normalen Eizellen und Spermien, sondern erzeugten die Spermien durch Umprogrammierung von embryonalen Stammzellen. Zum ersten Mal sind aus einem solchen Verfahren lebende Organismen hervorgegangen.

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Embryonale Stammzellen, die ersten Zellen des werdenden Organismus, sind pluripotent, aus ihnen können noch alle weiteren Zell- und Gewebetypen des Körpers entstehen. Auch adulte Stammzellen haben in beschränkterem Maße noch diese Regenerationsfähigkeit. Weltweit zielen Forschungen darauf, verschiedenste Gewebe aus solchen Stammzellen zu züchten, um sie für medizinische Zwecke zu nutzen. Auch männliche und weibliche Keimzellen haben Forscher bereits aus embryonalen und adulten Stammzellen in der Kulturschale erzeugt – noch jedoch lebende Nachkommen aus solchen künstlich entstandenen Keimzellen.

Meilenstein der Stammzellforschung

"Unsere Ergebnisse über die künstliche Reifung funktionsfähiger männlicher Keimzellen sind ein Meilenstein auf dem Weg zum Verständnis der Bildung männlicher Keimzellen bei Säugetieren", erklärt Professor Dr. Karim Nayernia, der Koordinator des Forschungsprojektes an der Universität Göttingen. "Wir können jetzt biologische Aspekte der Keimzellbildung besser verstehen und genauer untersuchen, wie die epigenetische Umprogrammierung des Genoms bei der Keimzellbildung abläuft. Eine unmittelbare medizinische Anwendbarkeit etwa für die Behandlung männlicher Unfruchtbarkeit ergibt sich in Deutschland jedoch nicht“, ergänzt Wolfgang Engel, Professor für Humangenetik an der Universität. Die Arbeit ist in der renommierten Fachzeitschrift "Developmental Cell" erschienen.

Reifeteilung als entscheidende Hürde

Mit Hilfe bestimmter Wachstumsfaktoren im Kulturmedium hatte die Wissenschaftlerin Jessica Nolte die Entwicklung embryonaler Mäuse- Stammzellen in Richtung männlicher Keimzellen angeregt. "Die größte Hürde war es, die Reifeteilung zu induzieren, während der der Chromosomensatz halbiert wird", erklärt Nayernia. "Der Erfolg unserer Arbeit liegt in unserer Methode, gezielt diejenigen Zellen zu identifizieren, die erfolgreich die Reifeteilung durchlaufen haben.“

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Die erhaltenen Spermien-ähnlichen Zellen waren unbeweglich. Sie wurden deshalb mit einer feinen Kanüle in befruchtungsfähige Mäuse-Eizellen eingebracht. Insgesamt 65 Embryonen im Zwei-Zell-Stadium verpflanzten die Forscher anschließend in Mäuse-Weibchen, zwölf Mäuse wurden geboren. Sieben dieser Mäuse stammten über den Umweg von Spermium und Eizelle von den embryonalen Stammzellen ab.

Tiere nur begrenzt lebensfähig

Das Verfahren zeigte jedoch auch seine Grenzen: Denn die sieben Tiere waren alle entweder kleiner oder größer als ihre Artgenossen und lebten nicht lange: Sie wurden zwischen fünf Tage und fünf Monate alt. "Wir haben Hinweise darauf, dass die Größenunterschiede der Tiere und ihr früher Tod auf eine unvollständige 'Umprogrammierung' des Genoms während der Keimzellbildung zurückzuführen sind", so Nayernia. "Es ist uns also nicht gelungen, alle komplizierten Entwicklungsschritte bei der Spermienbildung vollständig in der Kulturschale nachzuvollziehen.“ Die Forscher wollen nun ihre Ergebnisse an Weißbüschelaffen wiederholen, um zu erfahren, ob die Methode auch bei Primaten funktioniert.

(Universität Göttingen, 14.07.2006 – NPO)

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