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Biologie

Erstes Korallenriff vor Grönland entdeckt

Durch Zufall stießen Forscher auf das Riff – in 900 Metern Tiefe

Eine vom Riff geborgene Steinkoralle an Bord des Forschungsschiffes © DTU

Die Entdeckung war reiner Zufall: Vor der Küste von Südwest-Grönland haben Forscher erstmals ein ganzes Korallenriff entdeckt. Das mehrere Kilometer lange Riff liegt in 900 Metern Tiefe, es ist kalt, dunkel und es herrscht starke Strömung. Dennoch scheint dieses ungewöhnliche Riff zu florieren. Erste Fotos geben bereits erste Eindrücke aus der Tiefe, doch noch wissen die Forscher kaum etwas über diesen neuentdeckten Lebensraum.

Warme Sonne, türkisfarbenes Wasser und bunte Korallen – normalerweise assoziieren wir Korallenriffe mit tropischen Gewässern. Dort liegen sie meist knapp unter der Oberfläche, weil die riffbauenden Korallen und ihre symbiontischen Algen auf das Licht angewiesen sind. Aber es gibt noch eine andere Variante: Kaltwasserkorallen gedeihen auch dort, wo es kalt und dunkel ist – beispielsweise in der Tiefe skandinavischer Fjorde.

„Schon seit einigen Jahren weiß man, dass es Korallenriffe vor Norwegen und Island gibt“, erklärt Helle Jørgensbye von der Technischen Universität Dänemark in Lyngby. Dort werden die Riffe bis zu 30 Meter hoch und erstrecken sich über mehrere Kilometer Länge. Einige von ihnen sind schon mehr als 8.000 Jahre alt – sie begannen nach der letzten Eiszeit zu wachsen. Dass es Kaltwasserkorallen aber sogar vor Grönland gibt, das entdeckten Jørgensbye und ihre kanadischen Kollegen durch puren Zufall.

Zerstörte Probenbehälter als erstes Indiz

Eigentlich wollten die kanadischen Forscher nur ein paar Wasserporoben aus dem Meer vor dem Cape Desolation im Südwesten Grönlands nehmen. Doch als sie ihre Probenbehälter aus 900 Meter Tiefe wieder emporzogen, waren diese völlig zerstört. Statt Proben hingen nur ein paar zerbrochene Korallenäste an den Instrumenten. „Die Wissenschaftler fluchten und wollten die Korallenstücke schon wieder zurück ins Meer werfen, als ihnen klar wurde, was sie da in ihren Händen hielten“, so Jørgensbye: Indizien für ein Korallenriff in grönländischen Gewässern – das erste seiner Art.

Kaltwasserkoralle Lophelia pertusa in einer Detailaufnahme © USGS

Wenig später kehrten die Forscher an diese Fundstelle zurück und ließen eine ferngesteuerte Kamera in die Tiefe hinab, um das Riff näher in Augenschein nehmen zu können. „Wir haben sie fast am Grund des Meeres verloren, weil die Kamera prompt festhing“, berichtet Jørgensbye. Doch nach einigen Versuchen gelangen die ersten Bilder aus der Tiefe. Wie sich zeigte, liegt das Kaltwasserriff nicht auf dem Schelf, sondern am Kontinentalhang, dort, wo der Meeresboden steil in die Tiefe abfällt. Starke Strömungen machen es schwer, das 900 Meter tief liegende Riff zu erkunden. Bisher ist daher nur wenig darüber bekannt, was alles in diesen Riff lebt.

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Günstige Bedingungen durch Golfstrom und starke Strömung

Dass es vor Grönland Kaltwasserkorallen gibt, haben Forscher schon länger vermutet, es fehlten aber die Beweise. „Es gibt Korallenriffe in den Ländern rund um Grönland herum“, sagt Jørgensbye. Daher sei es naheliegend, dass es auch vor Grönland solche Riffe gebe. Zumal die Westküste der Rieseninsel von Ausläufern des Golfstroms erreicht wird. Die Meerestemperatur liegt daher dort fast ganzjährig bei rund vier Grad Celsius. Für die Kaltwasserkorallen ist das warm genug, um zu überleben. Und auch die starken Strömungen kommen den Korallen entgegen, denn sie liefern ihnen ihre Nahrung quasi frei Haus.

Wie die Fotos und Proben enthüllten, besteht das grönländische Riff vorwiegend aus Steinkorallen der Gattung Lophelia. Ihre buschartigen, bis zu einem halben Meter langen Äste dominieren viele Riffe auch vor Norwegen. Im Gegensatz zu tropischen Korallen benötigen sie kein Sonnenlicht zum Überleben, weil sie nicht von symbiontischen Algen abhängig sind. Sie decken ihren Nährstoffbedarf allein durch die aus dem Wasser aufgenommene Nahrung. Die Forscher hoffen nun, in weiteren Expeditionen mehr über das erste grönländische Korallenriff herauszufinden.

(Technische Universität Dänemark (DTU), 31.01.2014 – NPO)

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