Anzeige
Medizin

Eltern leben länger

Wie Kinder die Lebenserwartung beeinflussen

Familie
Wer Kinder hat, lebt länger. © skynesher/ iStock.com

Überraschender Zusammenhang: Eltern leben in der Regel länger als kinderlose Menschen. Wie eine Studie enthüllt, lässt sich dieses Phänomen nur bedingt durch biologische Faktoren wie den schützenden Effekt des Stillens erklären. Denn auch Adoptiveltern profitieren vom Kinderkriegen. Ausschlaggebend für den Lebensbonus scheinen demnach soziale Gründe zu sein. So haben Eltern oftmals von vornherein bessere Voraussetzungen in Sachen Gesundheit und Bildung – und sie verhalten sich durch ihre Kinder anders.

Das Leben mit Kindern ist nicht immer leicht: Der Nachwuchs kann Eltern den letzten Nerv rauben, ihnen schlaflose Nächte und das ein oder andere graue Haar bescheren. Doch trotz des damit oft verbundenen Stresses scheint sich das Kinderkriegen für die Gesundheit und die Lebenserwartung zu lohnen. Denn Mütter und Väter leben in der Regel länger als kinderlose Menschen, wie Studien zeigen. Wie lässt sich dieser verblüffende Effekt erklären?

Eltern vs. Kinderlose

Auf der Suche nach Antworten haben Kieron Barclay vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock und Martin Kolk von der Universität Stockholm nun Daten von über vier Millionen schwedischen Frauen und Männern ausgewertet, die zwischen 1915 und 1960 geboren wurden. Das Besondere: Dadurch, dass sie auch Zugriff auf Informationen von Adoptiveltern hatten, konnten die Forscher biologische und soziale Einflussfaktoren besser voneinander trennen.

Die Ergebnisse offenbarten: Die Eltern lebten im Schnitt tatsächlich länger als die Kinderlosen in der Stichprobe. Dieser Effekt war bei Adoptiveltern sogar noch deutlicher, wie das Team berichtet. Demnach stieg die Lebenserwartung durch die Adoption eines Kindes um drei Jahre, bei zwei oder drei Kindern sogar um fünf.

Stillen schützt

Doch warum? Ein kleines Puzzleteil der Erklärung könnten körperliche Folgen von Geburt und Stillzeit sein. So bestätigte die Auswertung die Annahme, dass Frauen die Kinder auf die Welt gebracht und gestillt haben, seltener an Gebärmutterkrebs oder Brustkrebs erkranken. Dieser positive Einfluss gilt für Männer und Adoptiveltern aber natürlich nicht.

Anzeige

Barclay und Kolk vermuten daher, dass die längere Lebenserwartung größtenteils durch andere Faktoren zustande kommt. Ihre Idee: Womöglich sind Eltern von vornherein schon bessergestellt als Menschen, die keine Kinder bekommen. Wer Gesundheit, Geld und Bildung hat, findet demnach eher einen Partner und hat auch die Ressourcen, eine größere Familie zu gründen. Der Sterblichkeitsvorteil wäre damit eine Voraussetzung statt eine Folge von Kindern.

Sowohl biologische als auch Adoptiveltern haben im Vergleich zu Kinderlosen eine geringere Sterblichkeit. © MPI für demografische Forschung

Bessere Voraussetzungen

Tatsächlich zeigte sich bei den biologischen Eltern, dass sich ihre Sterblichkeit sehr viel stärker an die der Kinderlosen annäherte, wenn die Wissenschaftler berücksichtigen, welche Bildung oder welchen Beruf die Befragten hatten. Bei fünf und mehr Kindern hatten biologische Eltern dann sogar eine niedrigere Lebenserwartung als Kinderlose.

Für den Lebensbonus der Adoptiveltern könnte nach Ansicht von Barclay und Kolk zusätzlich das Adoptionsverfahren eine entscheidende Rolle spielen. So werden potenzielle Eltern dabei sehr genau auf ihre Gesundheit, ihre finanzielle Situation, ihr Zuhause und ihr Verhalten überprüft. Das bedeutet: Wer für die Adoption zugelassen wird, erfüllt wahrscheinlich viele Voraussetzungen für ein langes Leben.

Einflussreiches Auswahlverfahren

Wie groß der Einfluss dieser Prüfung ist, enthüllte ein genauerer Blick auf die Adoptiveltern. Wie die Forscher berichten, ist bei der Adoption eines nicht schwedischen Kindes eine deutlich strengere Prüfung vorgesehen als bei der Adoption einheimischer Kinder. Während die Eltern schwedischer Adoptivkinder in etwa die gleiche Sterblichkeit hatten wie biologische Eltern, zeigte sich bei Adoptiveltern von ausländischen Kindern eine sehr viel geringere Sterblichkeit. Das heißt, hier wurden vermutlich nur die gesündesten, stabilsten und stärksten Personen ausgesucht.

Trotzdem erklären die sozialen Voraussetzungen nicht alles. Denn auch, wenn Faktoren wie Bildung und Beruf berücksichtigt wurden, hatte die Mehrheit der Eltern noch immer einen Vorteil gegenüber den Kinderlosen. Demnach scheinen Kinder tatsächlich einen positiven Einfluss auf die Gesundheit der Eltern zu haben.

Eltern leben gesünder

In diesem Zusammenhang gibt es zwei Theorien: Einerseits könnten Kinder dafür sorgen, dass ihre Eltern im Alter Unterstützung bekommen und gut versorgt werden. Dafür konnten Barclay und Kolk in ihren Daten allerdings keinen allgemeinen Beleg finden. Stattdessen führen sie den positiven Einfluss des Nachwuchses auf Verhaltensänderungen zurück.

Denn viele Menschen verändern ihren Lebensstil, wenn sie Kinder kriegen. Weil sie nun die Verantwortung für ein anderes Wesen tragen, verhalten sich Mütter und Väter gesünder und gehen weniger Risiken ein. So verunglücken Eltern beispielsweise seltener als Kinderlose und auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen treten bei ihnen nicht so häufig auf. (European Journal of Population, 2019; doi: 10.1007/s10680-018-9469-1)

Quelle: Max-Planck-Gesellschaft

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

NAchglühen von GRB 221009A

Rekord-Ausbruch überrascht Astronomen

Neue fossile Riesenschlange entdeckt

Warum Chinas Großstädte absinken

Landschaft unter dem Thwaites-Gletscher kartiert

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Phänomen Mensch - Körper, Krankheit, Medizin von Andreas Sentker und Frank Wigger

Es wird ein Mensch gemacht - Möglichkeiten und Grenzen der Gentechnik von Jens Reich

Top-Clicks der Woche