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Neurobiologie

Eiweiss sorgt für „Stress“

Mechanismus zur Stresshormonspeicherung entdeckt

Zelle der Nebenniere einer erwachsenen Maus © MPI für experimentelle Medizin

Eine Gruppe von Neurowissenschaftlern hat einen neuartigen Mechanismus entdeckt, über den die Speicherung und Freisetzung der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin reguliert wird. Die Forscher hoffen, damit einen Angriffspunkt gefunden zu haben, um Stressreaktionen und andere Funktionen des Nervensystems zu beeinflussen.

Körperlicher oder psychischer Stress – positiver wie negativer – führt im menschlichen Körper zur Freisetzung von Stresshormonen. Die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin werden nach Aktivierung des vegetativen Nervensystems aus Zellen der Nebennierenrinde ausgeschüttet. Sie erhöhen Herzfrequenz und Blutdruck und mobilisieren die in Form von Fett oder Glykogen gespeicherten Energiereserven des Körpers. Auf diese Weise wird kurzfristig die Belastbarkeit und Reaktionsfähigkeit des Körpers erhöht, was in bestimmten Stresssituationen lebenswichtig sein kann.

Adrenalin und Noradrenalin werden von den Zellen des Nebennierenmarks in kleinen Bläschen, so genannten chromaffinen Vesikeln, gespeichert. Diese besitzen spezielle Transportproteine, die die Aufnahme der Stresshormone und ihre Speicherung gewährleisten. Die Zellen des Nebennierenmarks sind voll von „hormonbeladenen“ chromaffinen Vesikeln. Bei einer durch Stress verursachten Erregung des vegetativen Nervensystems verschmelzen die Bläschen mit der Zellmembran und geben so ihren Inhalt in den Blutstrom ab – mit den bekannten Stresseffekten.

Die Biologin Dina Speidel vom Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin hat einen bisher unbekannten Mechanismus gefunden, der die Speicherung und Freisetzung von Adrenalin und Noradrenalin reguliert: Auf chromaffinen Vesikeln entdeckte Speidel ein Protein, das für die Befüllung der Transportbläschen mit Adrenalin und Noradrenalin offensichtlich unentbehrlich ist. An genetisch veränderten Mäusen konnte die Wissenschaftlerin zeigen, dass bei Abwesenheit des als CAPS1 bezeichneten Proteins nur etwa die Hälfte aller chromaffinen Vesikel Adrenalin oder Noradrenalin enthält, die übrigen aber leer sind. Das führt zu einer stark herabgesetzten Freisetzung der beiden Stresshormone und gemeinsam mit anderen Veränderungen zum Tod der Versuchstiere.

Die Göttinger Forscher, die ihre Studien gemeinsam mit den Physiologen Cathrin Brüderle und Jens Rettig von der Universität des Saarlandes (Homburg/Saar) durchgeführt haben, gehen davon aus, dass CAPS1 entweder die Aufnahme von Adrenalin und Noradrenalin in chromaffine Vesikel oder deren Speicherung regulieren. „Sollte sich wirklich herausstellen, dass CAPS1 die Aufnahme von Stresshormonen und anderen Botenstoffen in ihre Speichervesikel reguliert, wäre dieses Protein ein viel versprechendes neues Ziel für pharmakologische Verfahren, um Stressreaktionen und andere Funktionen des Nervensystems zu beeinflussen“, sagt Speidel.

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Die Wissenschaftler berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Neuron.

(idw – MPG, 08.04.2005 – DLO)

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