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Paläontologie

Eismumie Ötzi: Bindegewebe intakt

Kollagen auch nach 5.300 Jahren Gefriertrocknung intakt

Kollagen vor Hautprobe © MMCD/GFDL

5.300 Jahre alt, doch das Gewebe sitzt: Der Einschluss im Gletscher konnten dem Bindegewebe des Tiroler Eismenschen „Ötzi“ nichts anhaben. Ein deutsch-italienisches Forscherteam hat jetzt gezeigt, dass der wichtigste Bestandteil im Bindegewebe der Eismumie, das Kollagen, trotz seiner jahrtausendelangen Konservierung mit dem einer frischen Hautprobe weitgehend identisch ist. Sein Schönheitsgeheimnis war offenbar die Gefriertrocknung.

Kollagen ist eines der wichtigsten Strukturproteine der Haut und des Bindegewebes. Die zugfesten Fasern geben Knochen, Sehenenm Bändern und auch der Haut Festigkeit und Form. Jetzt haben Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München um Robert Stark gemeinsam mit Kollegen der European Research Academy (EURAC) in Bozen untersucht, wie gut dieses aus Polypeptidketten aufgebaute Eiweiß bei der Eismumie Ötzi erhalten ist.

Für ihre Untersuchungen zum Aufbau einzelner Kollagenmoleküle, zur Struktur von Molekülbündeln, den Kollagenfasern, sowie deren Elastizität standen den Forschern drei fünf mal fünf Millimeter große Hautstücke der Mumie zur Verfügung. Zum Vergleich untersuchten sie frisches Hautgewebe eines Mannes der etwa im gleichen Lebensalter war wie der Eismensch Ötzi. Dabei richteten sie ihren Blick mit Hilfe eines Rasterkraftmikroskopes zunächst auf die äußere Struktur einzelner Kollagenfasern.

Struktur unverändert erhalten…

Kollagen ist ein hierarchisch aufgebautes Protein, das aus drei ineinander verwundenen Tropokollagen-Molekülen besteht. Mehrere dieser rund 300 Nanometer langen Kollagenmoleküle bilden zusammen eine Kollagenfibrille. Die Kollagenmoleküle sind parallel leicht zueinander versetzt angeordnet wodurch ein charakteristisches, sich alle 67 Nanometer wiederholendes Bänderungsmuster entsteht.

Dieses Muster ließ sich sowohl im frischen Gewebe als auch in der Probe des Ötzi in identischer Form wiederfinden. Während sich die oberste Hautschicht der Gletschermumie in den Jahrtausenden weitgehend zersetzt hat, sind die darunter liegenden Kollagenfasern des Bindegewebes offenbar nahezu unverändert erhalten geblieben. Mittels Raman-Spektroskopie untersuchten die Wissenschaftler anschließend den Aufbau einzelner Kollagenmoleküle. Auch hier stimmten die Messergebnisse der frischen und der 5.300 Jahre alten Proteine überein. Grund für die ungewöhnlich gute Konservierung scheint die jahrtausendelange Gefriertrocknung des Ötzi im Gletschereis zu sein.

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…aber weniger elastisch

Einen Unterschied konnten die Wissenschaftler jedoch feststellen: Die Kollagenfasern der Mumie sind nicht mehr so elastisch wie die aus frischem Gewebe. Um diese Materialeigenschaft zu testen, drücken sie die knapp 50 Nanometer dünne Spitze eines Rasterkraftmikroskopes mit einer definierten Kraft auf eine einzelne Faser und heben sie wieder ab. Die Tiefe des dabei entstehenden Abdruckes zeigt, wie elastisch das Testmaterial ist. Im Fall der Kollagenfasern des Eismenschen ergab sich ein Eindruck von 0,5 Nanometer, bei den frischen Fasern waren es 0,7 Nanometer.

Die Wissenschaftler vermuten, dass die Austrocknung des Gewebes die Ursache für diese Versteifung ist. Denn frühere Arbeiten haben gezeigt, dass durch Dehydrierung neue Wasserstoffbrückenbindungen zwischen Proteinen geknüpft werden, was die Elastizität der Fasern einschränkt. Die Ergebnisse der Studie sind im Fachjournal „Proceedings of Royal Society B“ online erschienen.

(Universität München, 06.04.2010 – NPO)

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