In Deutschland grassiert eine gefährliche Darminfektion, die durch den Erreger EHEC (enterohämorraghische Escherichia coli) ausgelöst wird. War zunächst vor allem der Norden betroffen, werden jetzt vermehrt auch Fälle aus anderen Landesteilen – darunter Hessen, Nordrhein-Westfalen oder Berlin – gemeldet. Mittlerweile haben sich nach Behördenangaben vermutlich über 400 Menschen mit dem Keim infiziert – vor allem Erwachsene und speziell Frauen. Die Quelle der Ansteckung ist bisher unbekannt.
{1r}
Erste Todesopfer im Rahmen der Epidemie gibt es auch schon: In Niedersachsen und vermutlich in Bremen starb jeweils eine Frau an den Folgen der Darminfektion.
„Die Labordiagnostik dauert rund 36 Stunden. Deshalb gibt es gegenwärtig viele Verdachtsfälle aber noch kein verlässliches Bild der tatsächlichen Gesamtlage“, erklärt die ärztliche Leiterin des Großlabors der Asklepios Kliniken, Dr. Susanne Huggett. Laut Huggett habe die Spezialuntersuchung der bisherigen Proben ergeben, dass es sich um einen Bakterienstamm handelt, der gegen bestimmte Antibiotika resistent ist. Dieses Ergebnis ist bemerkenswert, denn bisher sind, soweit ersichtlich, keine solchen EHEC-Stämme bekannt gewesen.
Gefährlicher als ein herkömmlicher Darminfekt
EHEC-Infektionen können nach Angaben von Medizinern ohne Beschwerden verlaufen und somit unerkannt bleiben. Die Mehrzahl der Erkrankungen tritt als unblutiger, meistens wässriger Durchfall in Erscheinung. Begleitsymptome sind Übelkeit, Erbrechen und zunehmende Bauchschmerzen, seltener Fieber. EHEC-Erkrankungen können aber auch viel gefährlicher als ein herkömmlicher Darminfekt sein.
Denn laut der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) setzt die Mikrobe im Körper ein Gift frei, das zum Abbau von roten Blutkörperchen (Erythrozyten) führt. Als Folge kann dann im Extremfall neben Blutarmut ein Nierenversagen auftreten, da die feinen Blutgefäße der Niere durch die Abbauprodukte verkleben.
Viele HUS-Fälle
Derzeit werden besorgniserregend viele Fälle dieses hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) – darunter versteht man das gemeinsame Auftreten von Nierenversagen, Anämie und Mangel an Blutplättchen – auf. In Folge des HUS können auch andere Organe geschädigt werden, so erleiden die Betroffenen oft eine gefährliche Schwellung des Gehirns. Viele der zurzeit beobachteten Fälle haben laut DGfN schwere, lebensbedrohliche Verläufe genommen. Einige der Patienten liegen zurzeit deshalb auf der Intensivstation.
Wenn die Kranken zeitnah eine „Blutwäsche“ erhalten, sind Komplikationen wie Hirnödeme und Schäden wie das bleibende Nierenversagen jedoch nach Angaben der DGfN abwendbar. Das Robert Koch-Institut (RKI) fordert Personen mit blutigem Durchfall deshalb auf, umgehend einen Arzt aufzusuchen und sich behandeln zu lassen.
Lebensmittel als mögliche Infektionsquelle
Natürliches Reservoir der speziellen Escherichia coli Bakterien ist der Darm von Wiederkäuern, speziell von Rindern. Die Infektion kann durch direkten Kontakt mit Tieren oder deren Ausscheidungen sowie durch den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln, zum Beispiel Gemüse, Rindfleisch oder Rohmilch, erfolgen. Nach Angaben des RKI ist bisher jedoch kein konkretes Lebensmittel als Infektionsquelle identifiziert worden. Die Untersuchungen dauern aber noch an.
Auch Weitergabe von Mensch zu Mensch möglich
Der Erreger kann darüberhinaus von Mensch zu Mensch, vor allem durch eine so genannte Schmierinfektion aufgrund mangelnder Hygiene, weitergegeben werden. Den besten Schutz gegen eine Übertragung bieten entsprechend gute Hygienemaßnahmen, wie beispielsweise gründliches Händewaschen. Obst, Gemüse oder andere Rohkost sollte gründlich gereinigt und nach Möglichkeit abgekocht, Rindfleisch nicht roh verzehrt werden.
Laut dem RKI hat es in Deutschland in den letzten Jahren wiederholt größere Häufungen von HUS-Erkrankungen gegeben. Ungewöhnlich sind dieses Mal allerdings sowohl die große Anzahl der Fälle in so kurzer Zeit und der Fokus auf Erwachsene.
Weitere Informationen in unserem Special „EHEC-Epidemie in Deutschland“
(Deutsche Gesellschaft für Nephrologie / Robert Koch-Institut (RKI) / Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz Hamburg / Gesundheitsministerium NRW / Asklepios Kliniken Hamburg, 24.05.2011 – DLO)