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Medizin

Drei Jahre jünger in acht Wochen?

Bewegung, Schlaf und spezielle Ernährung stellen die epigenetische Uhr zurück

Methylierung
Anlagerungen von Methylgruppen (Weiß) an die DNA verändern die Genaktivität. Das Muster dieser epigenetischen Anlagerungen verrät gleichzeitig das biologische Alter. © Christoph Bock/ MPI für Informatik, CC-by-sa 3.0

Es klingt wie in billiger Werbespruch, scheint aber wahr: Schon wenige Wochen einer speziellen Ernährung mit viel Schlaf und Bewegung reichen aus, um uns genetisch zu verjüngen. Denn die gesunde Lebensweise verändert das Muster der Anlagerungen an unserer DNA – und damit einen Marker für unser biologisches Alter, wie nun eine Pilotstudie belegt. In ihr verringerten Testpersonen ihr epigenetisches Alter dadurch in acht Wochen um gut drei Jahre.

Im Laufe des Lebens altern wir – das ist ganz normal. Aber nicht immer entspricht das chronologische Alter dem biologischen Alter unseres Körpers. Je nach genetischer Veranlagung, Lebensweise und Umwelteinflüssen sowie Stress verändern sich unsere Gewebe, Organe und Zellen mehr oder weniger schnell. Messbar sind diese altersbedingten Veränderungen an verschiedenen Biomolekülen, aber auch an der Länge der Chromosomenendstücke und an Anlagerungen an der DNA.

Epigenetische Uhr verrät das biologische Alter

Anders als genetische Faktoren ist das Muster dieser epigenetischen Anlagerungen an der DNA veränderlich: Es verändert sich mit dem Alter und der Lebensweise. „Unter den mehr als 20 Millionen Methylierungs-Stellen am menschlichen Erbgut sind einige tausend, deren Zustand eng mit dem Alter korreliert sind“, erklären Kara Fitzgerald vom Institute for Functional Medicine in Washington und ihre Kollegen. Über diese epigenetische „Altersuhr“ – DNAmAge getauft – lässt sich daher das biologische Alter abschätzen.

Im Laufe des Lebens kommt es an diesen Stellen zu spezifischen Veränderungen im Anlagerungsmuster: Rund 60 Prozent dieser Genorte verlieren mit zunehmendem Alter ihre Anhänge, 40 Prozent werden dagegen durch Methylgruppen blockiert. Studien legen nahe, dass zumindest einige dieser epigenetischen Verschiebungen eng mit altersbedingten Leiden und der Sterblichkeit zusammenhängen – weil beispielsweise Tumor-Suppressorgene blockiert oder entzündungsfördernde Gene aktiviert werden.

Sport, Schlaf und gesunde Ernährung

Aber wie stark lässt sich diese epigenetische Altersuhr durch unsere Lebensweise beeinflussen? Das haben Fitzgerald und ihr Team nun in einer Pilotstudie mit 43 gesunden Männern im Alter von 50 bis 72 Jahren untersucht. Acht Wochen lang stellte die Hälfte der Probanden ihre Lebensweise um: Sie machten jeden Tag mindestens 30 Minuten Sport, schliefen mindestens sieben Stunden pro Nacht und führten regelmäßig Atemübungen zur Entspannung durch.

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Zusätzlich passten die Probanden ihre Ernährung an: Sie aßen wenig tierische Eiweiße und Kohlenhydrate, dafür viel Gemüse. Ihr Essensrhythmus entsprach einem gemäßigten Intervallfasten, bei dem sie zwischen 19;00 Uhr abends und sieben Uhr morgens keine Nahrung zu sich nahmen. Ergänzend erhielten die Teilnehmer ein Nahrungsergänzungsmittel mit verschiedenen Pflanzeninhaltsstoffen und ein probiotisches Präparat mit Milchsäurebakterien.

Zu Beginn und Ende des Testzeitraums nahmen die Forscher DNA-Proben aus dem Speichel und überprüften das Muster der epigenetischen Anlagerungen.

Epigenom-Uhr um drei Jahre zurückgedreht

Das Ergebnis: Obwohl die Männer ihre Lebensweise nur acht Wochen lang umgestellt hatten, zeigten sich signifikante Veränderungen ihres epigenetischen Musters: Ihre DNAmAge-Uhr hatte sich in den acht Wochen um 1,96 Jahre zurückgedreht, die Teilnehmer der Kontrollgruppe waren dagegen im gleichen Zeitraum epigenetisch um 1,27 Jahre älter geworden. Insgesamt betrug der Unterschied zwischen den beiden Gruppen damit mehr als drei Jahre.

„Dies ist der erste Nachweis einer Umkehrung des epigenetischen Alterungsprozesses in einer randomisierten kontrollierten klinischen Studie“, konstatieren Fitzgerald und ihr Team. Es sei extrem spannend, dass die Umstellung der Lebensweise und Ernährung schon nach so kurzer Zeit einen so profunden Einfluss auf die Methylierungsmuster der DNA habe. Denn angedeutet hat sich dieser Effekt schon in anderen Studien, beispielsweise nach einer Zeit der Mittelmeer-Diät. Allerdings waren die beobachteten Veränderungen dabei weniger deutlich.

Ansatz für ein gesünderes Altern

Das Forschungsteam führt die deutliche epigenetische „Verjüngung“ darauf zurück, dass ihre Diätvorgaben speziell darauf ausgelegt waren. „Wir haben einen Speiseplan entwickelt, der besonders viel von den Nährstoffen enthält, die für den Methylierungszyklus wichtig sind“, erklärt Fitzgerald. Diese sind vor allem in grünem Gemüse, Kohl, Nüssen und Saaten und allgemein einer pflanzenbasierten, wenig glykämischen und ketonischen Diät enthalten.

„Dieser nahrungsbasierte Ansatz liefert dem Körper die nötigen Nährstoffe und überlässt es ihm dann selbst, sie zur Balancierung der DNA-Methylierung einzusetzen“, so Fitzgerald. Verbunden mit den Anpassungen der Lebensweise fördere dies die Gesundheit und sorge gleichzeitig für eine messbare epigenetische Verjüngung. Allerdings, so räumen auch die Forschenden ein, muss noch untersucht werden, wie genau sich ein „Zurückschrauben“ der Epigenom-Uhr auch auf den allgemeinen Gesundheitszustand auswirkt.

Sollte sich der positive Effekt aber auch in Folgestudien mit mehr Probanden bestätigen, könnte dies neue Möglichkeiten eröffnen, die Gesundheit im Alter gezielt zu stärken. (Aging, 2021; doi: 10.18632/aging.202913)

Quelle: Impact Journals LLC

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