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Biologie

„Dinokiller“: Flechten als Gewinner

Symbiotische Lebensgemeinschaften profitierten vom Massenaussterben vor 66 Millionen Jahren

Flechte
Flechten gehörten offenbar zu den Gewinnern des "Dinokiller"-Einschlags. © Jen-Pan Huang

Nutznießer der Katastrophe: Nicht nur Pilze, auch einige Flechten gingen offenbar als Gewinner aus dem Massenaussterben vor 66 Millionen Jahren hervor. Wie Analysen nahelegen, profitierten vor allem größere Flechten mit blattartigen Strukturen von dem „Dinokiller“-Einschlag. Sie erlebten nach diesem für einen Großteil der Lebewesen katastrophalen Ereignis eine regelrechte Blütezeit – und konnten ökologische Nischen besetzen, die durch ausgestorbene Pflanzen freigeworden waren.

Vor rund 66 Millionen Jahren ereignete sich eine der bekanntesten Katastrophen der Erdgeschichte: Als damals ein Asteroid auf unserem Planeten einschlug, besiegelte dies nicht nur das Schicksal der Dinosaurier. Der „Dinokiller“-Einschlag löste ein Massensterben aus, dem auch frühe Vögel, Insekten und eine Vielzahl anderer Tiere und Pflanzen zum Opfer fielen.

Allerdings gab es auch Profiteure dieser Katastrophe: Fossilfunde deuten darauf hin, dass Pilze nach dem Ereignis eine Blütezeit erlebten. Anders als vielen Pflanzen machte ihnen der auf den Impakt folgende jahrelange Einschlagswinter mit Dunkelheit und Kälte nichts aus, da sie keine Photosynthese betreiben und somit kein Sonnenlicht zum Überleben brauchen.

Gewinner oder Verlierer?

Forscher um Jen-Pang Huang vom Field Museum in Chicago haben sich nun gefragt, was der Asteroideneinschlag vor 66 Millionen Jahren für Flechten bedeutet hat. Sie sind eine symbiotische Lebensgemeinschaft aus Pilzen und Photosynthese betreibenden Organismen wie Algen oder Cyanobakterien – und setzen sich damit aus Gewinnern und Verlierern der Katastrophe zusammen, wie das Team erklärt.

„Unsere Ausgangsthese war, dass auch die Flechten negativ beeinflusst wurden. Denn sie enthalten Bestandteile, die Licht benötigen“, berichtet Huang. Doch stimmt diese Annahme wirklich? Um das herauszufinden, analysierten die Wissenschaftler DNA-Sequenzen von Vertretern der zwei wichtigsten Unterklassen von Flechtenbildnern: Lecanoromycetidae und Ostropomycetidae.

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Beschleunigte Diversifizierung

Mithilfe eines Computerprogramms konnten sie auf diese Weise Rückschlüsse auf den Stammbaum der Flechten ziehen und abschätzen, wann sich die einzelnen Linien voneinander abgespalten haben mussten und die Flechtengruppen entstanden, die wir heute kennen. Diese Erkenntnisse kombinierten sie dann mit den wenigen Fossilfunden, die es von Flechten gibt.

Die Auswertungen enthüllten: Während es bei einigen Flechtengruppen offenbar kaum Veränderungen gab und manche nach dem Einschlag sogar ausstarben, profitierten andere dagegen von der Katastrophe. „Unsere Ergebnisse zeigen eine beschleunigte Diversifizierung in drei Familien Flechten-bildender Pilze: Cladoniaceae, Parmeliaceae und Peltigeraceae“, berichten die Forscher. „Diese Veränderungen der Diversifikationsrate standen höchstwahrscheinlich mit dem Massenaussterben vor 66 Millionen Jahren in Verbindung.“

Flechten ersetzten Pflanzen

Die nun identifizierten Gewinnerfamilien des „Dinokiller“-Einschlags setzen sich vor allem aus sogenannten Makroflechten zusammen, die komplexe, blattartige Strukturen entwickeln. „Einige Flechten bilden Strukturen aus, die wie Pflanzenblätter aussehen – und genau diese Flechten erlebten nach dem Ereignis vor 66 Millionen Jahren einen Boom. Sie füllten ökologische Nischen, die zuvor von Pflanzen besetzt gewesen waren“, erklärt Huang.

Warum ausgerechnet diese Flechten von den neuen Umweltbedingungen profitierten und neue Arten hervorbrachten, darüber können die Forscher allerdings nur spekulieren. „Die unterschiedlichen Reaktionen auf historische Ereignisse wie den Asteroideneinschlag könnten mit der Entwicklung bestimmter Merkmale zusammenhängen. Anhand der zurzeit verfügbaren Daten ist es uns jedoch nicht möglich, in diesem Zusammenhang genauere Schlussfolgerungen zu ziehen“, resümieren sie. (Scientific Reports, 2019; doi: 10.1038/s41598-019-44881-1)

Quelle: Field Museum

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