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Biologie

Diese Gene machten Hunde zum Menschenfreund

Veränderungen in drei Genen sorgen dafür, dass Hunde menschenbezogener sind

Hund und Mensch
Der Hund ist in besonderer Weise auf den Menschen bezogen. Das verdankt er auch seinen Genen. © Manuel Tauber Romieri/ iStock

Auf Menschenkontakt programmiert: Forscher haben herausgefunden, welchen Genmutationen Hunde ihr besonders menschenfreundliches Verhalten verdanken – und ihre Fähigkeit, unsere Signale zu verstehen. Vergleichstests von noch wolfsähnlichen Hunderassen mit moderneren Züchtungen ergaben, dass vor allem Veränderungen in Genen für die Hormone Oxytocin und Cortisol die Menschenbezogenheit der Hunderassen prägen.

Seit Jahrtausenden gelten Hunde als beste Freunde des Menschen. Sie können uns unsere Gefühle am Gesicht ablesen, verstehen zumindest teilweise unsere Sprache und haben im Unterschied zu Wölfen den für einige Menschen unwiderstehlichen Hundeblick entwickelt. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass im Laufe der Evolutionsgeschichte der Hunde bestimmte Genmutationen dafür gesorgt haben, dass die Vierbeiner eine engere Bindung zum Menschen entwickeln konnten. Für viele Gene ist allerdings noch unklar, inwieweit sie eine Rolle für die Domestikation gespielt haben könnten.

Moderne und ursprüngliche Hunderassen

Ein Team um Akiko Tonoike von der Azabu Universität in Japan hat sich nun auf Spurensuche begeben. „Wir haben Verhaltenstests mit 624 Haushunden verschiedener Rassen durchgeführt und nach möglichen Genen gesucht, die für die Kommunikation mit dem Menschen verantwortlich sind“, erklären die Forschenden. Denn anders als Wölfe, die menschliche Signale kaum interpretieren können, verstehen Haushunde die Bedeutung unserer Worte und Gesten schnell.

Für ihre Studie teilten die Forschenden die Hunde je nach Rasse in zwei Gruppen ein. Zur ersten Gruppe gehörten moderne Rassen, die genetisch recht weit von ihren Wolfsvorfahren entfernt sind, darunter Terrier oder einige Schoßhunde. Die zweite Gruppe bildeten ursprünglichere Rassen wie Husky und Akita, die genetisch noch vergleichsweise wolfsähnlich sind – obwohl auch sie durch Jahrtausende der Domestikation geprägt wurden.

Tests zur Menschenbezogenheit

Alle teilnehmenden Hunde mussten zwei Tests absolvieren: Bei der ersten Aufgabe sollte der Hund entscheiden, unter welcher Schale Futter versteckt war. Dabei gab ein Mensch Hinweise, indem er auf das richtige Versteck schaute, zeigte oder tippte. Auf diese Weise wollten Tonoike und ihr Team testen, inwieweit die jeweiligen Hunde menschliche Gesten verstanden und in ihre Entscheidungen einbezogen.

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In der zweiten Aufgabe sollte der Hund einen Behälter öffnen, in dem Futter versteckt war. Während der Hund in den Trainingssessions die Möglichkeit hatte, das Futter zu erreichen, war die Box während des eigentlichen Experiments fest verschlossen, so dass die Versuche des Hundes vergeblich bleiben mussten. Die Forschenden maßen, wie oft und wie lange die Hunde hilfesuchend die Versuchsperson anschauten – ein Maß für die soziale Bindung an Menschen.

Selektion durch Evolution und Züchtung

„Die Ergebnisse bei der ersten Aufgabe waren bei modernen und ursprünglichen Hunderassen ähnlich“, berichtet das Forschungsteam. „Das zeigt, dass beide Gruppen ähnliche Fähigkeiten haben, menschliche Gesten zu verstehen und ihre Reaktionen entsprechend anzupassen. Dieses Verhalten hat sich wahrscheinlich schon früh in der Domestikation entwickelt.“

Bei der zweiten Aufgabe hingegen schauten Hunde, die zu modernen Rassen gehörten, deutlich häufiger und länger zum Menschen. Tonoike und ihr Team schließen daraus, dass dieses stärker menschenbezogene Verhalten später im Laufe der Evolution der Hunde durch menschliche Züchtung positiv selektiert wurde.

Unterschiede in Bindungsgenen

In den Genen der Hunde suchten sie daraufhin nach Unterschieden, die diese Verhaltensunterschiede erklären könnten. Dabei fokussierten sie sich auf Gene für das Bindungshormon Oxytocin und den zugehörigen Rezeptor, außerdem das Gen für den Melanocortin-2-Rezeptor (MC2R), der die Produktion des Stresshormons Cortisol beeinflusst, sowie ein Gen namens WBSCR17, das bereits in der Vergangenheit mit besonders menschenbezogenem Verhalten in Verbindung gebracht wurde.

Tatsächlich fanden Tonoike und ihre Kollegen in all diesen Genen Unterschiede zwischen den ursprünglichen und modernen Hunderassen. Diese genetischen Unterschiede waren eng damit verknüpft, wie viel die Hunde während der unlösbaren zweiten Aufgabe den Menschen anblickten. Die Veränderungen im MC2R-Gen waren zusätzlich auch mit der Leistung in der ersten Aufgabe assoziiert, wie das Team berichtet.

Weniger Angst vor dem Menschen

Diese Ergebnisse bestätigen, dass den menschenbezogenen Verhaltensanpassungen der Hunde bestimmte genetische Veränderungen zugrunde liegen. Als besonders bedeutsam werten die Forschenden dabei die Veränderungen beim Stresshormon: „Unserer Hypothese nach könnte die Cortisolregulierung einen wichtigen Wendepunkt bei der Domestizierung von Hunden dargestellt haben“, schreiben die Autoren. „Eine Verringerung des Cortisolspiegels kann die sozialen kognitiven Fähigkeiten von Hunden fördern, was wahrscheinlich auf eine Verringerung ihrer Angstreaktion auf Menschen zurückzuführen ist.“

Zugleich weisen sie darauf hin, dass weitere, größer angelegte Forschungen erforderlich sind. „Solche komplexen sozialen kognitiven Fähigkeiten können nicht vollständig durch die identifizierten Gene erklärt werden und müssen von mehreren Genen gesteuert werden; daher ist es notwendig, nach weiteren Genen zu suchen und ihre Gesamtwirkung zu überprüfen.“ (Scientific Reports, 2022, doi: 10.1038/s41598-022-11130-x)

Quelle: Scientific Reports

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