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Biologie

Das kleinste Reptilien-Männchen der Welt

Nano-Chamäleon ist nur 13,5 Millimeter groß, hat aber ein in Relation riesiges Genital

Brookesia nana
Dieser etwas mürrisch dreinschauende Geselle ist das kleinste Reptilienmännchen der Welt – ein Chamäleon der Art Brooksia nana. © Frank Glaw/ SNSB-ZSM

Klein, aber oho: Auf Madagaskar haben Forscher ein rekordverdächtig winziges Chamäleon entdeckt. Mit nur 13,5 Millimeter Körperlänge sind die männlichen Vertreter dieser Spezies die kleinsten Männchen aller Reptilien und höheren Landwirbeltiere. Im Verhältnis dazu sind die Genitalien der Brookesia-Chamäleons riesig: Sie erreichen bis zu 30 Prozent der Körperlänge und gehören damit zu den im Verhältnis größten Fortpflanzungsorganen bei diesen Reptilien.

Bei Amphibien kennen Biologen inzwischen schon einige Fälle extremer Miniaturisierung: Ein in fleischfressenden Kannenpflanzen auf Borneo wohnender Frosch wird nur um die zehn Millimeter groß, ähnlich klein ist ein kubanischer Giftfrosch. Einige im Jahr 2011 auf Neuguinea entdeckte Frösche haben sogar nur eine Körpergröße von acht bis neun Millimetern – sie sind die kleinsten Landwirbeltiere der Welt.

Von Kopf bis Po nur 13,5 Millimeter

Doch auch unter den Reptilien gibt es rekordverdächtige Winzlinge, wie nun ein Fund auf Madagaskar belegt. Forscher um Frank Glaw von der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM) haben dort eine neue, winzige Chamäleon-Art entdeckt. Schon das Weibchen von Brookesia nana ist mit 19 Millimeter Körperlänge und 29 Millimeter Gesamtlänge nicht gerade groß.

Doch die Männchen dieser Art sind noch deutlich kleiner: „Mit einer Körperlänge von nur 13,5 Millimetern und einer Gesamtlänge von knapp 22 Millimetern ist das Männchen des Nano-Chamäleons das kleinste bekannte Männchen unter allen höheren Wirbeltieren“, sagt Glaw. Kein anderes Reptil oder Säugetier hat kleinere Vertreter des männliche Geschlechts. Einzig bei den Amphibien gibt noch winzigere Männchen.

Überproportional großes Genital

Umso größer sind dafür die Genitalien dieser Mini-Reptilien: Quasi als Ausgleich zu ihrer geringen Größe haben die Chamäleons der Gattung Brookesia überproportional große Fortpflanzungsorgane ausgebildet. Bei der neuen Art Brookesia nana hat der als Hemipenes bezeichnete Doppelpenis 18,5 Prozent der Körperlänge des Männchens. Bei der nahe verwandten Art Brookesia tuberculata machen die Genitalien sogar fast ein Drittel der Körperlänge aus.

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B. nana Hemipenes
Diese Aufnahme zeigt die Genitalien des Nano-Chamäleons. © Glaw et al./ Scientific Reports, CC-by-sa 4.0

Damit haben die Nano-Chamäleons im Verhältnis zu ihrer Körpergröße die größten männlichen Genitalien in dieser Reptiliengruppe. Ein möglicher Grund könnte der Größenunterschied zwischen den Geschlechtern bei dieser Gattung sein: Anders als bei den meisten Chamäleonarten sind bei Brookesia die Weibchen deutlich größer. „Die kleinen Männchen brauchen wahrscheinlich einfach größere Hemipenes, damit die Paarung mit ihren deutlich größeren Weibchen auch von der Biomechanik her klappt“, erklären Glaw und seine Kollegen.

Grund für die Miniaturisierung noch rätselhaft

Warum das Nano-Chamäleon so winzig ist, ist allerdings noch unklar. „Auf Madagaskar leben auffällig viele extrem miniaturisierte Tiere, darunter die kleinsten Primaten und winzige Zwergfrösche, die mehrfach unabhängig voneinander entstanden sind“ sagt Andolalao Rakotoarison von der Universität Antananarivo in Madagaskar. Andererseits leben im gleichen Gebiet wie Brookesia nana auch eng verwandte Chamäleonarten, die deutlich größer sind.

„Der Inseleffekt, wonach Arten auf kleinen Inseln kleiner werden, ist jedenfalls keine überzeugende Erklärung für diesen Gebirgsbewohner“ so die Forscher. Sie vermuten stattdessen, dass die Miniaturisierung den Nano-Chamäleons spezielle Vorteile in ihrem gebirgigen Lebensraum bietet. „Kleine Chamäleonarten sind beispielsweise dafür bekannt, dass sie ihre Zunge schneller ausschleudern können als große“, erklären Glaw und sein Team.

Ob das auch bei Brookesia nana der Fall ist und welche Vorteile das Nano-Chamäleon noch von seiner geringen Größe haben könnte, ist aber noch nicht bekannt.

Extrem selten und akut bedroht

Klar scheint dagegen, dass diese Nano-Chamäleons stark gefährdet sind. Bisher sind nur zwei Exemplare dieser Art bekannt und einiges deutet darauf hin, dass Brookesia nana nur auf dem Sorata-Bergmassiv im Norden Madagaskars vorkommt. „Damit gehört diese Art zu den rund 14 Prozent der Echsenarten weltweit, die nur von einem einzigen Ort bekannt sind“, sagen die Forscher.

Doch dieser Lebensraum in den höheren Lagen des Bergregenwalds ist bedroht: „In niedrigeren Lagen war der natürliche Waldbestand schon 2012 komplett vernichtet und der anthropogene Druck auf die verbliebenen Gebiete durch Entwaldung, Brandrodung und Landwirtschaft war hoch“, berichten Glaw und seine Kollegen. Immerhin wurde das Gebiet seither unter Schutz gestellt, so dass das neuentdeckte Nano-Chamäleon zumindest eine Überlebenschance hat. (Scientific Reports, 2021; doi: 10.1038/s41598-020-80955-1)

Quelle: Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns

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