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Medizin

Cholesterinsenker fördert Arterienverkalkung

Wirkstoff Ezetimib zeigt negative statt positiver Wirkung bei Gabe mit Statinen

Der eigentlich zur Senkung des Cholesterins verwendete Wirkstoff Ezetimib kann genau das Gegenteil bewirken: Eine jetzt im „European Heart Journal“ erschienene Studie weist nach, dass das Mittel die günstigen Wirkung anderer Cholesterinsenker aufhebt und zudem die Menge des schädliche Cholesterins im Blut erhöht. Damit kann Ezetimib eine Atherosklerose möglicherweise sogar begünstigen.

Der Wirkstoff Ezetimib ist seit über sieben Jahren auf dem Markt und wird in Deutschland mit fast 100 Millionen so genannten definierten Tagesdosen verschrieben. Er wird meist zusammen mit Statinen angewendet, um deren cholesterinsenkende Wirkung zu verstärken, kann aber auch allein eingenommen werden, wenn Statine nicht vertragen werden. In bisherigen Studien mit Statinen wurde bewiesen, dass Herzinfarkte vermindert auftreten und die Sterblichkeit verringert wird. Vergleichbare Studien, die entsprechende Endpunkte untersuchen, gibt es für den Wirkstoff Ezetimib bisher nicht. Kritiker sind daher der Ansicht, dass die Verschreibung, gemessen am gesicherten klinischen Nutzen, zu häufig erfolge und die Kosten dafür unverhältnismäßig hoch seien.

Verkalkung trotz Ezetimib

Tatsächlich waren zwei vor kurzem erschienene Studien, in denen die Veränderung der Dicke der Arterienwand untersucht wurde, enttäuschend: Obwohl durch die zusätzliche Gabe von Ezetimib zu einem Statin beziehungsweise dem Lipidsenker Nikotinsäure das LDL- Cholesterin weiter abgesenkt wurde, hatte diese Therapie keinen Einfluss auf das Fortschreiten der Arterienverkalkung. Die Forscher konnten sich diese Ergebnisse bisher nicht so recht erklären.

„Vielleicht ist unsere neue Studie der fehlende Mosaikstein, um zu verstehen, warum die erwarteten günstigen Effekte trotz weiterer Cholesterinsenkung ausgeblieben sind“, erklärt die Kölner Endokrinologin Professor Ioanna Gouni-Berthold. Die aktuelle Studie wurde an 72 Probanden an der Medizinischen Klinik II der Uniklinik Köln durchgeführt. Jeweils eine Gruppe von Probanden erhielt Ezetimib allein, ein Statin allein oder die Kombination der beiden Wirkstoffe. Dabei wurde die Zusammensetzung der Lipide des LDL (LDL, deutsch: Lipoproteine niedriger Dichte) im Blut untersucht.

Statin-Wirkung aufgehoben

Es ist bekannt, dass ein erhöhter Anteil von besonders kleinen, dichten LDL-Partikeln mit einem erhöhten Risiko für Atherosklerose verbunden ist. Die neuen Ergebnisse deuten jetzt an, dass unter Ezetimib gerade dieser Anteil relativ zunimmt, trotz Senkung des LDL-Spiegels. Das Statin hingegen senkte diesen Anteil, aber wenn die beiden Arzneimittel zusammen verabreicht wurden, wird diese günstige Wirkung des Statins durch Ezetimib aufgehoben. Die Bestimmung der kleinen dichten LDL-Partikel wurde in Zusammenarbeit mit Forschern um Kaspar Berneis am Universitätsspital in Zürich durchgeführt.

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„Wir warten gespannt auf die Ergebnisse großer laufender Studien mit Ezetimib, welche nicht nur die Beeinflussung des Lipidprofils im Labor messen, sondern die auf kardiovaskuläre Endpunkte – wie Herzinfarkt – hin ausgelegt sind. So ist es möglich herauszufinden, welche Therapie in der Tat dem Patienten auf lange Zeit nutzt“, so Professor Ioanna Gouni-Berthold.

„Wenn wir eines aus den Lipidsenker-Studien der letzten Zeit gelernt haben, so ist es die Erkenntnis, dass diese Arzneimittel neben ihren cholesterinsenkenden Eigenschaften noch andere, unabhängige Wirkungen haben können, die nicht immer nur zum Vorteil des Patienten sind“, sagt Professor

Heiner Berthold, Lipid-Spezialist an der Charité in Berlin und einer der Mitautoren der Studie.

(Uniklinik Köln, 09.06.2010 – NPO)

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