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Biologie

Chinesische Schildkröte uriniert aus dem Mund

Reptil spült Harnstoff durch ins Wasser-Tauchen des Kopfes aus

Chinesische Weichschildkröte (Pelodiscus sinensis) © kkic / CC BY-SA 3.0

Die Chinesische Weichschildkröte hat eine extrem ungewöhnliche Art, ihren Urin loszuwerden: Sie gibt die Abfallstoffe über die Mundschleimhäute ab. Das haben Forscher aus Singapur herausgefunden. Lange Zeit sei unklar gewesen, warum die Schildkröte in Trockenzeiten ihren Kopf manchmal mehr als eine Stunde lang in eine Pfütze oder einen Tümpel steckt und unter Wasser hält. Jetzt zeige sich, dass das Reptil in dieser Zeit Harnstoff über die Mundschleimhaut ausscheide. Die Nieren, die bei den meisten Tieren die Entsorgung dieses Abfallstoffs übernehmen, seien dagegen kaum beteiligt, berichten die Forscher im Fachmagazin „Journal of Experimental Biology“.

Die Fähigkeit, Harnstoff über den Mund statt über die Nieren abzugeben, sei möglicherweise eine Anpassung an das oft salzhaltige Wasser ihres Lebensraums, mutmaßen die Forscher. Die Nieren benötigen viel Wasser, um Abfallstoffe auszuspülen. Enthält dieses jedoch zu viel Salz, funktioniert die Entsorgung nicht richtig.

Die bis zu 25 Zentimeter große Weichschildkröte Pelodiscus sinensis lebt bevorzugt in Sumpfgebieten oder langsam fließenden, brackigen Gewässern und verlässt normalerweise nur zum Eierlegen und Sonnen das Wasser. Sie besitzt keine Kiemen, sondern atmet über die Lunge. Dennoch trägt sie an ihrer Mundschleimhaut kiemenartige Lamellen, deren Zweck bislang unklar war. Wie Yuen K. Ip von der National University of Singapore und seine Kollegen berichten, zeigen die Schildkröten zudem häufig ein erstaunliches Verhalten: War das Gewässer der Schildkröten ausgetrocknet oder sie aus anderen Gründen längere Zeit an Land, tauchten die Tiere ihren Kopf oft über längere Zeit in Pfützen ein. „Vor allem am Anfang bewegte die Schildkröte dabei ihren Kehlkopf pumpend, wie von außen zu erkennen war“, schreiben die Forscher.

Schildkröten auf dem Trockenen

Für ihre Studie kauften die Forscher auf dem Markt in Singapur mehrere Chinesische Weichschildkröten und hielten sie in großen Wasserbecken. Für das eigentliche Experiment nahmen sie einzelne Schildkröten aus dem Aquarium und setzen sie auf eine trockene Versuchsplattform. Vor den Kopf der Tiere stellten sie ein Gefäß mit 700 Millilitern Wasser, an den Schwanz ein Auffanggefäß für Urin. „In dieser Zeit tauchten die Schildkröten ab und zu ihren Kopf in das Wassergefäß und blieben dabei zwischen 20 und 100 Minuten untergetaucht“, berichten die Forscher.

Als sie das Wasser im Gefäß untersuchten, stellten die Wissenschaftler fest, dass sich darin nach dem Untertauchen der Tiere deutlich mehr Harnstoff befand als zuvor. Die Schildkröten hatten im Versuchszeitraum zudem 50 Mal mehr von diesem stickstoffhaltigen Abfallstoff über den Mund ausgeschieden als über den Urin, wie die Forscher berichten. 90 Prozent der gesamten Stickstoff-Ausscheidung erfolge über den Mund, nur zehn Prozent über die Nieren und die Kloake.

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Wie weitere Tests zeigten, spielten die kiemenartigen Anhänge der Mundschleimhaut für die Ausscheidung eine entscheidende Rolle. Aus ihnen sondere die Schildkröte hochkonzentrierten Speichel ab, der 250 Mal mehr Harnstoff enthalte als das Blut. Ähnlich wie normalerweise die Nieren, filtert und konzentriert dieses spezielle Organ den Abfallstoff und gibt ihn dann an das Wasser in der Mundhöhle ab. Möglich werde dies durch eine spezielle Gruppe von Eiweißen, die den Harnstoff aktiv durch die Mundschleimhaut beförderten, berichten Ip und seine Kollegen. (doi:10.1242/jeb.068916)

(Journal of Experimental Biology, 12.10.2012 – NPO)

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