Anzeige
Biotechnologie

Bisher unbekannte Stammzellen im menschlichen Auge entdeckt

Reaktivierte Bindegewebszellen der Netzhaut können verschiedene Zellsorten erzeugen

Reaktivierte RPE-Zellen in Kultur © Salero et al. / Cell Stem Cell

In der Netzhaut des menschlichen Auges haben Forscher einen zuvor unbekannten Typ von Stammzellen entdeckt. Diese pigmentierten Bindegewebszellen sind normalerweise in einem Ruhezustand. Werden sie jedoch entnommen und unter bestimmten Bedingungen in Kultur gehalten, teilen sie sich und können dabei mehrere verschiedene Arten von Nerven- und Bindegewebszellen produzieren. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich diese Bindegewebszellen der Netzhaut ein Reservoir von multipotenten, leicht gewinnbaren Stammzellen darstellen“, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Cell Stem Cell“.

Die neu entdeckten Stammzellen liegen im sogenannten Retinalen Pigmentepithel (RPE), einer einlagigen Zellschicht, die die Netzhaut von der darunterliegenden Aderhaut trennt. Diese Zellen bilden sich im menschlichen Embryo schon sehr früh, hören aber noch im Mutterleib auf sich zu teilen und bleiben anschließend dauerhaft inaktiv.

In ihrer Studie hatten die Forscher den Augen von frisch Verstorbenen die RPE-Zellen entnommen und diese unter verschieden Bedingungen im Labor kultiviert. Eines der Nährmedien habe sich dabei als Weckmittel für die zuvor im Ruhezustand verharrenden Zellen erwiesen. „Erstaunlicherweise erzeugten damit selbst die Zellen von 99-Jährigen wieder aktiv wachsende Zellkulturen“, schreiben Enrique Salero von der University of Michigan in Ann Arbor und seine Kollegen. In weiteren Versuchen ließen sich diese Zellkulturen in adulte Stammzellen umwandeln, die Vorläufer von Sinneszellen, aber auch von Knochen-, Knorpel- und Bindegewebszellen produzierten.

Chance für neue Therapien von Netzhautschäden

Nach Ansicht der Forscher eröffnet die Entdeckung dieser multipotenten Stammzellen auch eine Chance, zukünftig Netzhautschäden heilen zu können. Bisher führen Krankheiten wie die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) zum Tod von Sinneszellen in der Netzhaut und zu einem nicht umkehrbaren Verlust der Sehkraft. „Unsere Beobachtungen zeigen, dass die RPE-Zellen unter den richtigen Bedingungen die Fähigkeit zur Reparatur besitzen“, sagen die Wissenschaftler. Finde man einen Weg, die Stammzellen im Auge zu reaktivieren, ließen sich solche Netzhautschäden wieder reparieren.

Die Reaktivierbarkeit der RPE-Zellen könnte auch einige Augenkrankheiten erklären, bei denen plötzlich fremde Zelltypen in die Netzhaut und den Glaskörper des Auges einwandern. Wegen der Position dieser Wucherungen in der Nähe von RPE-Zellen habe man schon früher angenommen, dass sie dabei eine Rolle spielen könnten, sagen die Forscher. Jetzt habe man erstmals belegt, dass RPE-Zellen tatsächlich zur Bildung solcher Zelltypen angeregt werden können und damit wahrscheinlich an diesen Krankheiten beteiligt sind. (Cell Stem Cell, 2012; doi: 10.1016/j.stem.2011.11.018)

Anzeige

(Cell Press / Cell Stem Cell, 06.01.2012 – NPO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

NAchglühen von GRB 221009A

Rekord-Ausbruch überrascht Astronomen

Neue fossile Riesenschlange entdeckt

Warum Chinas Großstädte absinken

Landschaft unter dem Thwaites-Gletscher kartiert

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Meine Gene - mein Leben - Auf dem Weg zur personalisierten Medizin von Francis S. Collins

50 Schlüsselideen Genetik - von Mark Henderson

Forschung an embryonalen Stammzellen - von Gisela Badura-Lotter

Top-Clicks der Woche