Auf Nasonia-Wespen ruhen große Hoffnungen. Die winzigen Insekten befallen Fliegenpuppen und bekämpfen dadurch einen wichtigen Schädling der Landwirtschaft auf natürliche Weise. Doch noch ist Nasonia nicht perfekt. Aber das könnte sich in Zukunft ändern – gentechnisch. Denn ein internationales Forscherteam hat jetzt das gesamte Genom von Nasonia entschlüsselt und stellt die Ergebnisse im Wissenschaftsmagazin „Science“ vor.
„Das bereits aufgearbeitete Genom von Nasonia steht jetzt zur Verfügung“, sagt Reinhard Predel von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der an der neuen Studie beteiligt war.
Altbekannter „Nützling“
Nasonia ist seit langem als „Nützling“ bekannt. Die Wespen sind in ausgewachsenem Zustand nur ein bis zwei Millimeter groß. Damit ihre Nachkommen Nahrung aus einem befallenen Insekt ziehen können, muss die Wespe, die rund 40 bis 50 Eier in eine einzige Fliegenpuppe legt, einen zu frühen Tod der Wirts-Fliegen verhindern. Für die Wissenschaft wurden die Wespen-Arten unter anderem deshalb interessant, weil ihre Zellen oft eigene parasitische Wolbachia-Bakterien enthalten.
Das internationale Forscherteam um den US-Amerikaner Professor John H. Werren hat jetzt unter anderem ermittelt, dass diese Bakterien einen ungewöhnlich ausgeprägten lateralen Gentransfer mit den Wirtszellen durchführen. Dadurch finden sich Gene der Bakterien auch in dem Genom der Wespe, was die Analyse des Erbgutsatzes „erheblich erschwert“, wie Predel erlebt hat. Erst eine komplette Beseitigung der Bakterien mittels Antibiotika hat die Befunde zum Gentransfer absichern können.
Annahmen der Genetiker überprüft
Der Jenaer Zoologe und seine Kollegin Susanne Neupert waren nicht an der Entschlüsselung der Gensequenzen selber beteiligt. Ihr eigentliches Verdienst – nachdem sie dank zahlreicher Vorarbeiten zum internationalen Team gestoßen waren – liegt in der Überprüfung der Annahmen der Genetiker. Wenn die Erbgutforscher zum Beispiel eine Prognose gemacht haben, ein bestimmtes Gen sei für die Produktion von Hormonen zuständig, dann hatten die Jenaer Neuropeptid-Experten die schwierige experimentelle Aufgabe, jene Aussagen zu bestätigen oder zu verwerfen.
„Wir schauen in die Tiere hinein, ob die vorausgesagten Endprodukte existieren“, vereinfacht Predel einen langwierigen Prozess, zu dem neben wissenschaftlicher Expertise auch handwerkliches Geschick gehört. „Die Konzentration von Hormonen und Transmittern im Tier ist sehr gering“, erläutert Neupert. Um die entsprechenden massenspektrometrischen Untersuchungen durchführen zu können, mussten die Jenaer Wissenschaftler dem Gehirn der winzigen Wespen hormonproduzierende Zellgruppen entnehmen – eine Präparation zwischen Herzschlägen, denn „die Miniaturisierung ist extrem“, bestätigt Predel.
Zahlreiche Neuropeptide identifiziert
Trotz mancher Schwierigkeiten – „wir haben das Tier nicht wirklich geliebt“, gibt Predel zu – entstanden schließlich wertvolle und aussagekräftige Massenspektren. Dank der Jenaer Analysen konnten zahlreiche Neuropeptide identifiziert und mögliche Funktionen für die Verhaltenssteuerung postuliert werden.
„Mit dieser Arbeit sind die Genome der ersten parasitischen Insekten bestimmt worden“, erklärt Predel. Nasonia gehört zu über 100.000 parasitischen Wespenarten, die für die menschliche Gesellschaft von potenziellem Nutzen sein könnten. Um jedoch den kleinen Schädlingsbekämpfer gentechnisch zu optimieren und die Biologie von Nasonia besser verstehen zu können, „müssen sicher noch einige verwandte Arten sequenziert werden“, weist Predel auf die nächsten Aufgaben hin. Dabei gilt es herauszufinden, welche Gene für die parasitische Lebensweise besonders wichtig sind.
(idw – Universität Jena, 15.01.2010 – DLO)