Unsere Farbwahrnehmung kann in erheblichem Umfang von unserem Vorwissen über das natürliche Aussehen von Objekten beeinflusst werden. Dies haben jetzt Wissenschaftler der Universität Gießen in einer neuen Studie herausgefunden. Sie berichten über ihre Ergebnisse in der November-Ausgabe von "Nature Neuroscience".
Das Team um Thorsten Hansen und Professor Karl Gegenfurtner zeigte den Testpersonen bei den Versuchen Bilder von Früchten, die immer in einer bestimmten typischen Farbe auftreten. So sind beispielsweise in der Realität Bananen gelb und Möhren orange.
In den Versuchen war es die Aufgabe der Probanden, die Farbe der Früchte am Computer so einzustellen, dass sie unbunt aussahen, also wie auf einer Schwarz-Weiss-Fotografie. Am Anfang jedes Versuchs wurde dabei die Frucht in einer zufällig gewählten Farbe dargestellt. Die Probanden konnten nun aber die Farbe der Objekte auf dem Bildschirm mittels einer Tastatur verändern.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Versuchsteilnehmer beispielsweise die Banane immer deutlich ins Blaue hin verschoben, gleichgültig in welcher Ausgangsfarbe sie ursprünglich abgebildet war.
Systematische Überkompensation
Diese systematische Überkompensation ging immer in Richtung der Gegenfarbe und trat bei neutralen Objekten, die keine typische Farbe aufweisen, nicht auf. Es sieht deshalb nach Ansicht der Forscher so aus, als ob die Testpersonen eine Tendenz dazu haben, die Banane immer als gelb wahrzunehmen. Um einen unbunten Eindruck zu erhalten, muss diese Tendenz dann zusätzlich noch ausgeglichen werden.
Der Farbeindruck ist danach das Produkt der Sinnesinformationen, die ins Auge gelangen, und unserem Wissen über das Aussehen von Objekten. Informationen über die Wellenlängen des reflektierten Lichts werden mit den Erinnerungen an die typische Farbe von Objekten kombiniert und bestimmen zusammen unsere Wahrnehmung von Farbe.
(idw – Universität Gießen, 16.10.2006 – DLO)