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Astronomie

Bärtierchen: Die letzten Überlebenden?

Tardigraden könnten selbst den "Weltuntergang" überstehen

Bärtierchen sind weniger als einen Millimeter klein, verblüffen aber durch erstaunliche Fähigkeiten © Schokraie E. et al., PLOS ONE/ CC-by-sa 2.5

Kleine Überlebenskünstler: Bärtierchen sind erstaunlich widerstandsfähig – so sehr, dass sie selbst verheerende Asteroideneinschläge oder andere astrophysikalische Katastrophen überdauern können, wie eine Studie zeigt. Ereignisse, die die Menschheit vernichten würden, bedeuten für die Tardigraden demnach nicht zwangsläufig das Aus. Stattdessen könnten sie in den Tiefen des Ozeans weiter existieren: als letzte Überlebende auf unserem Planeten.

Bärtierchen sind echte Überlebenskünstler: Die höchstens einen Millimeter großen wirbellosen Wesen überstehen Austrocknung, kochendes Wasser, hohen Druck und Kälte bis nahe an den absoluten Nullpunkt. Doch das ist längst nicht alles: Sogar ein Bad in ätzenden Lösungsmitteln, eine hohe Dosis radioaktiver Strahlung und das Vakuum des Weltraums überleben die Tardigraden problemlos.

Das Geheimnis ihrer Widerstandsfähigkeit: Sie besitzen zum einen besonders viele effektive Reparaturgene und tragen außerdem ein einzigartiges Protein an ihrer DNA, das selbst menschliche Zellen vor Strahlenschäden und Verätzung schützen kann. Dank dieser Ausstattung sind die faszinierenden Tiere sogar für das sprichwörtliche Ende der Welt bestens gewappnet, wie Astrophysiker um David Sloan von der University of Oxford nun berechnet haben.

Szenario Weltuntergang

Ob Asteroideneinschlag, Sternenexplosion oder Gammastrahlenblitze: Es gibt viele Ereignisse aus dem All, die unseren Heimatplaneten eines Tages treffen und unsere Spezies auslöschen könnten. Der berühmte Physiker Stephen Hawking ist nicht der einzige, der immer wieder vor solchen Vorkommnissen warnt. „Zahlreiche Studien beschäftigen sich mit Weltuntergangsszenarien, bei denen die Menschheit vernichtet wird“, sagt Sloan.

„Wir haben uns dagegen nicht den Menschen, sondern den robustesten Wesen auf unserem Planeten gewidmet – den Tardigraden.“ Die Wissenschaftler fragten sich: Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Asteroid, eine Supernova oder Gammablitze den Extremisten unter den Erdenbewohnern in Zukunft den Garaus machen werden?

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Die winzigen Tardigraden könnten die Menschheit problemlos überdauern © University of Oxford

Überleben in der Tiefe

Das Ergebnis ihrer Berechnungen unterstreicht einmal mehr die erstaunliche Überlebensfähigkeit der Bärtierchen: Denn während die Wahrscheinlichkeit eines für die Menschheit katastrophal endenden astrophysikalischen Ereignisses durchaus gegeben ist, könnten Tardigraden das Ende der Welt überleben.

Harte Strahlung, Schockwellen und der Verlust der schützenden Ozonschicht wären für uns das Todesurteil. Organismen mit einer ähnlichen Toleranz für Strahlung und hohe Temperaturen wie Bärtierchen könnten unter solchen Bedingungen dagegen langfristig weiter existieren – jedoch nur, wenn sie sich nicht an der Erdoberfläche aufhalten.

„Leben nur schwer auszulöschen“

Um zu überleben, müssten sich die Bärtierchen den Simulationen der Forscher zufolge im Untergrund, beispielsweise versteckt in den Tiefen des Ozeans aufhalten. „Selbst der vollständige Verlust der Atmosphäre hätte auf am Meeresboden lebende Tardigraden keinen negativen Effekt“, schreiben Sloan und seine Kollegen. Nur ein Ereignis, das stark genug ist, um die Weltmeere zum Kochen zu bringen und schließlich verschwinden zu lassen, könnte für die hartgesottenen Überlebenskünstler das Ende bedeuten.

Die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas im Laufe der Lebenszeit unserer Sonne passiert, tendiert jedoch gegen null. Sie liegt laut den Berechnungen des Teams bei lediglich 10-7 innerhalb einer Milliarde Jahren. „Es scheint also, dass es überraschend schwer ist, das Leben vollständig auszulöschen: Zahlreiche Arten und sogar ganze Gattungen können aussterben, das Leben als Ganzes aber wird weitergehen“, sagt Sloan.

Außerirdische Bärtierchen?

Die Erkenntnis, wie robust Lebensformen wie Tardigraden sind, ist auch für die Frage nach Leben auf anderen Himmelskörpern interessant, glauben die Wissenschaftler. Denn sollte es auf einst möglicherweise habitablen Planeten wie dem Mars tatsächlich einmal Leben gegeben haben, könnten extremophile Organismen dort theoretisch auch harsche Veränderungen überlebt haben.

Und die unterirdischen Ozeane, die Experten zum Beispiel auf dem Jupitermond Europa und dem Saturnmond Enceladus vermuten, könnten Bedingungen aufweisen, die den Verhältnissen in den Tiefen unserer Ozeane ähneln – und damit einen Lebensraum für Bärtierchen-ähnliche Lebensformen bieten. (Scientific Reports, 2017; doi: 10.1038/s41598-017-05796-x)

(University of Oxford, 18.07.2017 – DAL)

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