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Zoologie

Auch Blattläuse fallen immer auf die Füße

Aufnahmen mit einer High-Speed-Kamera zeigen, wie sie die Gesetze der Schwerkraft für sich nutzen

Von Blattläusen befallenes Blatt. Die Läuse lassen sich sofort fallen, wenn sich ein Feind nähert. © Current Biology / Ribak et al.

Katzen sind nicht die einzigen Tiere, die nach einem Sturz auf ihren Füßen landen: Auch Blattläuse beherrschen diese Luftakrobatik – und müssen sich dabei nicht einmal sonderlich verrenken. Sie nehmen einfach eine bestimmte Position in der Luft ein und lassen die Aerodynamik den Rest erledigen. Entdeckt haben israelische Forscher diese ungewöhnliche Fall-Strategie erst durch Aufnahmen mit einer speziellen High-Speed-Kamera. Sie enthülle, wie gut diese Insekten die Gesetze der Physik für ihre Zwecke zu nutzen verstehen, berichten sie im Fachmagazin „Current Biology“.

Erbsenblattläuse (Acyrthosiphon pisum) haben eine ziemlich effektive, wenn auch riskante Fluchttechnik entwickelt: Nähert sich ihrer Pflanze ein Fressfeind oder ein Parasit, lassen sie sich einfach fallen. Durch diese Kamikaze-Aktion kommen sie allerdings vom Regen in die Traufe: Denn treffen sie ungünstig auf den Boden auf, sind sie tot oder zumindest schwer verletzt. Doch erstaunlicherweise kommt dies so gut wie nie vor, wie Moshe Gish von der Universität Haifa feststellte, als er die Fluchtstürze dieser Insekten untersuchte: Die Blattläuse landeten fast immer richtig herum – auf ihren Füßen. Aber warum?

Gelee als Blattlaus-Falle

Neugierig geworden tat sich Gish mit Biomechanikern und Aerodynamikern zusammen und ging der Sache auf den Grund. Zunächst führten die Forscher dabei systematische Fallversuche durch: Sie setzten die Tiere auf eine Bohnenpflanze und fügten einen Marienkäfer hinzu – den Erzfeind der Blattläuse. Prompt reagierten die Pflanzensauger wie gewünscht: Sie ließen sich fallen. Unter der Pflanze hatten die Forscher ihnen ein „Bett“ aus einem Gelee bereitet, das die Insekten beim Aufprall sofort umschloss und so ihre Position konservierte.

Zum Vergleich ließen die Wissenschaftler aus gleicher Höhe auch tote Blattläuse und solche mit amputierten Gliedmaßen fallen. Das Ergebnis: Von den lebenden Blattläusen landeten 96 Prozent richtig herum, von den toten noch rund 50 Prozent und bei den amputierten waren es nur 28 Prozent. Grund für die perfekte Landung der Blattläuse müsse demnach ein aktiver Prozess sein – und einer, der die Nutzung der Beine erforderte, berichten Gish und seine Kollegen.

Luft und Schwerkraft erledigen den Rest

Was genau die Blattläuse beim Sturz mit ihren Beinen machten, enthüllten Aufnahmen mit einer Highspeed-Kamera. „Nachdem sie ein paar Körperlängen gefallen sind, beginnen die Blattläuse sich zu drehen und erreichen dann innerhalb der ersten 13,7 Zentimeter die aufrechte Position“, berichten die Forscher. Bei der Rotation bewegen die Insekten ihre Antennen nach vorne oben und ihre hinteren Unterschenkel nach hinten oben. Einmal eingenommen, behalten die Blattläuse diese stereotypische Haltung stur bei. Sie sind damit eher passiv im Vergleich zu Katzen, die ihren Körper krümmen und sich akrobatisch quasi um sich selbst winden.

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„Das hat uns verwundert: Die Blattläuse schienen nicht sonderlich viel zu unternehmen, um sich auszurichten“, erklärt Gish. Doch genau diese Untätigkeit ist der Schlüssel zum Erfolg, wie sich zeigte, als die Forscher die Fallhaltung der Insekten in einem aerodynamischen Modell analysierten. „Die Simulationen ergaben, dass die stereotypische Pose der Blattläuse ihnen eine statische Stabilität verleiht“, erklären die Wissenschaftler. Im Klartext: Egal ob die Tiere kopfüber vom Blatt stürzen oder mit dem Hintern voraus: Ihre Haltung sorgt dafür, dass der Luftwiderstand sie von selbst in die richtige Position dreht. „Die Blattläuse nehmen einfach nur ihre Fallpose ein und Luft und Schwerkraft erledigen den Rest“, so die Forscher. Das sei ein weiteres Beispiel dafür, wie gut Tiere im Laufe der Evolution gelernt hätten, auch die Gesetze der Physik zu ihrem Vorteil zu nutzen. Current Biology, 2013; doi: 10.1016/j.cub.2012.12.010)

(Current Biology, 05.02.2013 – NPO)

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