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Bildung

Altern macht Laune

Jugendliche erhalten und verstärken negative Gefühle

Das Mobilfon als Stimmungsbarometer - über einen Zeitraum von drei Wochen fragten die Forscher die aktuelle Gemütslage ihrer Studienteilnehmer in alltäglichen Situationen ab. © MPI für Bildungsforschung

Jugendliche haben nach neuen Ergebnissen von Forschern nicht nur häufiger Stimmungstiefs im Vergleich zu Erwachsenen, sie versuchen auch öfter, negative Gefühle zu erhalten oder zu verstärken. Mit zunehmendem Alter scheint sich dieses Muster umzukehren. Insbesondere Menschen über 60 Jahren fühlen sich im Alltag emotional nicht nur häufig wohler als Jüngere, sondern neigen auch häufiger dazu, ihre positiven Gefühle aufrecht zu erhalten und negative Gefühle, wie zum Beispiel Ärger, dämpfen zu wollen.

Diese als kontra- beziehungsweise pro-hedonisch bezeichneten Verhaltensmuster beobachteten jetzt Wissenschaftler des Berliner Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung und des Sozioökonomischen Panels.

Emotionales Wohlbefinden ist Alterssache

Fragt man verschiedene Altersgruppen danach, wie sie sich im Alltag fühlen, zeichnet sich das höhere Alter überwiegend durch emotionales Wohlbefinden aus. Das sprichwörtliche Wechselbad der Gefühle sowie negative Befindlichkeit sind dagegen häufige Begleiter der Jugend. Bislang ungeklärt sind die psychologischen Mechanismen, die diesen Altersunterschieden zugrunde liegen.

„Wir vermuteten, dass wir die altersabhängigen Unterschiede im emotionalen Wohlbefinden besser verstehen können, wenn wir wissen, ob Jung und Alt sich möglicherweise auch anders fühlen wollen“, erklärt Michaela Riediger, Psychologin und Leiterin der neuen Studie.

378 Menschen befragt

Um dies zu untersuchen, wurden 378 Studienteilnehmer im Alter von 14 bis 86 Jahren drei Wochen lang mit speziellen Mobiltelefonen ausgestattet, die sie bei sich trugen, während sie ihrem normalen Alltag nachgingen. In dieser Zeit wurden sie 54 mal kontaktiert, um Fragen zu ihrer momentanen Stimmung zu beantworten.

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In durchschnittlich einem Viertel der abgefragten Situationen gaben die 14 bis 18 Jährigen an, ihre momentanen negativen Gefühle erhalten oder verstärken beziehungsweise positive Gefühle dämpfen zu wollen. Von den über 60 Jährigen wurden diese so genannten kontra-hedonischen Bestrebungen dagegen in nur durchschnittlich jeder zehnten abgefragten Situation berichtet.

Emotional unabhängig werden

„Diese Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass ein Teil der altersabhängigen Unterschiede im emotionalen Wohlbefinden auf Unterschiede darin, wie Personen verschiedener Altersgruppen sich fühlen wollen, zurückführbar sind“, erläutert Riediger. In der für Jugendliche vergleichsweise häufigen kontra-hedonischen Orientierung vermuten die Forscher einen Mechanismus, der Jugendlichen dabei hilft, sich von Eltern oder anderen Erwachsenen abzugrenzen und emotional unabhängig zu werden.

Der hohe Anteil pro-hedonischen Verhaltens bei Älteren stimmt dagegen mit Beobachtungen anderer Studien überein. Demnach messen ältere Erwachsene aufgrund der wahrgenommenen Begrenztheit der verbleibenden Lebenszeit der Verbesserung ihres emotionalen Wohlbefindens im Hier und Jetzt zunehmend Bedeutung bei.

Kooperation mit dem Sozio-oekonomischen Panel

Die in dieser Studie gewonnenen Daten alltäglicher Gefühlsregulationsprozesse sind von den Max-Planck-Forschern in Kooperation mit dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) erhoben worden, das seit 25 Jahren Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung und Gesundheit von 20.000 Personen in 10.000 Haushalten in Deutschland erfasst. Die Einbindung psychologischer Parameter in das SOEP ermöglicht es, Ursachen individueller Unterschiede in Lebensverläufen zu erforschen.

(idw – Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, 23.12.2009 – DLO)

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