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Paläontologie

2,5 Milliarden Tyrannosaurus rex

Forscher ermitteln Populationsdichte und Gesamtzahl des berühmtesten Raub-Dinosauriers

Tyrannosaurus rex
Tyrannosaurus rex ist der wohl berühmteste Raub-Dinosaurier der Kreidezeit. Doch wie viele gab es von ihm? © para827/ Getty images

Dünn gesät: Wie viele Exemplare von Tyrannosaurus rex sind einst durch die Kreidezeit-Landschaften gestapft? Das haben Forscher nun auf Basis von Körpermerkmalen und Biologie des Raub-Dinosauriers ermittelt. Ihr Ergebnis: Rund 20.000 ausgewachsene Vertreter des T.rex lebten jeweils zeitgleich in ihrem Verbreitungsgebiet – etwa einer auf 110 Quadratkilometer. Hochgerechnet auf ihre ganze Ära existierten rund 2,5 Milliarden Tyrannosaurier auf der Erde.

Der Tyrannosaurus rex ist der bekannteste und am besten erforschte Dinosaurier der Kreidezeit. Dank zahlreicher Fossilfunde vor allem aus Nordamerika wissen wir, dass der T. rex ausdauernd und wendig war und auch vor Kannibalismus nicht zurückschreckte. Seine besondere Schädelkonstruktion verlieh ihm einen so kraftvollen Biss, dass er selbst dicke Knochen problemlos knacken konnte. Die größten Exemplare dieser Raubdinosaurier wurden 13 Meter lang und wogen neun Tonnen.

T.rex Holotyp
Diese Rekonstruktion des ersten, 1941 entdeckten Holotyp-Fossils von Tyrannosaurus rex steht heute im Carnegie Museum in Pittsburgh. © ScottRobertAnselmo/ CC-by-sa 3.0

Eine Formel für die Populationsdichte

Doch eine Frage war bisher ungeklärt: Wie viele von diesen riesigen Fleischfressern gab es damals? Aus Fossilfunden lässt sich dies kaum ermitteln, denn sie stellen nur einen winzigen Ausschnitt des einstigen Bestands dar. Ob und wo ein Exemplar erhalten blieb und gefunden wird, ist eher Zufall. Ein Forschungsteam um Charles Marshall van der University of California in Berkeley hat daher nach einer anderen Methode gesucht, um der Zahl der Tyrannosaurier auf die Spur zu kommen.

Dafür nutzten die Forschenden einen Ansatz, mit dem Biologen die Populationsdichten heute lebender Tiere abschätzen – Damuths Gesetz. Nach dieser vom US-Ökologen John Damuth entwickelten Formel hängt die Populationsdichte einer Tierart von deren Körpergewicht, ihrer Stellung in der Nahrungskette und ihrer  Physiologie ab.

Je kleiner ein Tier ist und je langsamer sein Stoffwechsel arbeitet, desto mehr davon können demnach auf gleichem Raum dauerhaft überleben. Ist ein Tier ein Fleischfresser und steht an der Spitze seiner Nahrungskette, benötigt es zudem mehr Platz als ein auf niedrigerer trophischer Stufe stehender Pflanzenfresser.

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Zwischen Raubsäuger und Komodowaran

Ausgehend von dieser Formel und dem Wissen über den Tyrannosaurus rex legte das Team seinen Berechnungen folgende Annahmen zugrunde: Ein durchschnittlicher, gerade ausgewachsener T.rex wog im Mittel 5,2 Tonnen, wurde aber danach schnell größer und war der Top-Prädator seines Lebensraums. Die Physiologie des Dinosauriers ist bislang erst in Teilen bekannt, aber man geht davon aus, dass er seine Körpertemperatur zumindest in Teilen regulieren konnte.

In Bezug auf seine Physiologie stand der Tyrannosaurus damit wahrscheinlich zwischen warmblütigen Raubsäugern und kaltblütigen Fleischfresser-Reptilien wie den Komodo-Waranen. Die Forschenden trugen die entsprechenden Werte in Damuths Formel ein und konnten so ermitteln, wie viele Tyrannosaurier gleichzeitig in ihrem Verbreitungsgebiet gelebt haben könnten.

Nur ein T.rex auf 110 Quadratkilometer

Das Ergebnis: Pro Quadratkilometer betrachtet waren die Tyrannosaurier eher dünn gesät: Rechnerisch kamen nur rund 0,0091 Exemplare auf einen Quadratkilometer – das entspricht einem T.rex auf 110 Quadratkilometern oder acht Exemplaren auf der Fläche Berlins. Verglichen mit heutigen Raubtieren lag die Populationsdichte des Raubdinos damit nur bei 16 Prozent von der der Tiger und sieben Prozent von der der Löwen.

Hochgerechnet auf das gesamte Verbreitungsgebiet von 2,3 Millionen Quadratkilometern lebten zeitgleich rund 20.000 Tyrannosaurier in den Weiten des kreidezeitlichen Nordamerikas. Allerdings räumen Marshall und sein Team ein, dass es dabei wegen der nur grob eingeschätzten Physiologie des Raubdinos große Unsicherheiten gibt – die Spanne reicht von 1.300 bis 328.000 zeitgleich existierenden Exemplaren.

2,5 Milliarden Tyrannosaurier insgesamt

Deutlich größer werden die Zahlen, wenn man die gesamte Ära betrachtet, in der der T.rex vorkam. Fossilfunden zufolge muss diese Spezies rund 2,4 Millionen Jahre lang existiert haben – von vor rund 68 Millionen Jahren bis zum Ende der Dinosaurier vor rund 66 Millionen Jahren. Kombiniert mit einer durchschnittlichen Generationszeit von rund 19 Jahren ergibt sich daraus, dass es rund 127.000 Generationen von Tyrannosauriern gegeben haben könnte, wie die Forschenden berichten.

Das bedeutet: Insgesamt könnten im Verlauf der späten Kreidezeit 2,5 Milliarden Tyrannosaurier auf der Erde gelebt haben – im Mittel. Wegen der großen Unsicherheiten könnten es aber auch nur 140 Millionen oder bis zu 42 Milliarden gewesen sein. „Wir haben uns darauf konzentriert, robuste Grenzen für die Variablen zu entwickeln, die wir für die Berechnungen brauchen“, sagt Marshall. Dies noch zu verfeinern und daraus die bestmögliche Schätzung zu machen, sei dann der nächste Schritt.

Große Lücken im Fossilarchiv

Immerhin liefern die neuen Daten auch erste Hinweise darauf, wie gering der Anteil der bislang als Fossilien gefundenen Tyrannosaurier an deren Gesamtzahl ist: „In den Museen weltweit stehen heute rund 32 erwachsene, relativ gut erhaltene Exemplare des Tyrannosaurus rex“, sagt Marshall. Dazu kommen noch einige Dutzend Fossilfunde, die nur aus einem oder wenigen Knochen bestehen. „Das bedeutet, dass wir nur einen T. Rex von 80 Millionen bislang als Fossil gefunden haben“, so der Forscher.

Auch wenn ihre Kalkulationen zwangsläufig noch eher grob sind, sehen sie in der Anwendung von Damuths Gesetz auf ausgestorbene Tierarten eine Chance für die Paläontologie: „Wir können so beispielsweise abschätzen, wie viele kurzlebige, geografisch spezialisierte Spezies in unseren Fossilarchiven bislang fehlen“, so Marshall. „Damit beginnen wir zu quantifizieren, was wir alles noch nicht wissen.“ (Science, 2021; doi: 10.1126/science.abc8300)

Quelle: University of California – Berkeley

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