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Archäologie

Ägypten: Ältestes Grab mit Sonnenwend-Ausrichtung

3.850 Jahre alter Grabtempel zeigt besonderen Lichteffekt zur Wintersonnenwende

Grabtempel
Dieser von Säulen gesäumte Gang gehört zu einem ägyptischen Grabtempel aus dem Jahr 1830 vor Christus. Er ist genau nach der Wintersonnenwende ausgerichtet. © University of Jaen and Malaga

Überraschend präzise: Am Nil nahe Assuan haben Archäologen das älteste ägyptische Grab mit präziser Ausrichtung nach der Wintersonnenwende entdeckt. Nur am Morgen dieses Tages reicht der Lichtstrahl der Sonne bis zu einer Statue am Ende des zentralen Ganges in diesem Grabtempel. Seitliche Säulen und das speziell angepasste Eingangstor markieren zudem andere wichtige Sonnenstände im Jahreslauf.

Ob Stonehenge, das Sonnenobservatorium von Goseck oder der Taj Mahal: Schon seit Jahrtauenden richten Kulturen ihre Heiligtümer und Grabstätten nach astronomischen Gesichtspunkten aus. Eine besonders wichtige Rolle spielten dabei die Sonnenwenden. Vor allem der winterliche Wendepunkt im Sonnenlauf am 21. Dezember war für viele Völker ein Zeichen des Neubeginns und des Sieges des Lichts über die Dunkelheit.

Ein ungewöhnlicher Grabtempel

Das galt auch für das alte Ägypten, wie nun Archäologen um Joyanes-Díaz Maria von der Universität Malaga berichten. Sie untersuchen seit einigen Jahren ein Grabmal in der  Nekropole Qubbet el-Hawa, die gegenüber von Assuan und der Nilinsel ELephantine am westlichen Nilufer liegt. Dort wurden ab etwa 2.300 vor Christus hochrangige Beamte und Angehhörige der Elite Oberägyptens bestattet . Die meisten dieser tempelartigen, teils aus Stein gebauten, teils in den Fels gemeißelten Grabstätten waren nach Osten ausgerichtet.

Doch eines der Gräber weicht davon ab: „Die QH33 getaufte Grabstätte ist eine der bemerkenswertesten unter den rund hundert bisher bekannten Begräbniskomplexen und Felsgräbern dieser Nekropole“, berichten die Archäologen. Das Grabmal wurde um 1830 vor Christus für den Gouverneur der Stadt Elephantine errichtet und besteht aus einer am Ende eines senkrechten Schachts liegenden Grabkammer. Darüber liegt ein langer, von Säulen und Seitenräumen flankierter Gang, der auf eine Nische mit einer Statue des Toten zuläuft.

Lichteffekt zur Wintersonnenwende

Das Besondere daran: Als Maria und seine Kollegen die Ausrichtung des Gangs und der restlichen Teile des Grabmals analysierten, zeigte sich ein deutlicher astronomischer Bezug. Der zentrale Gang war in seiner Himmelsrichtung und der horizontalen Neigung perfekt auf den Sonnenaufgang zur Wintersonnenwende ausgerichtet. Als Symbol des Neuanfangs und der Auferstehung war die Wintersonnenwende der wichtigste Zeitpunkt im jährlichen Sonnenlauf, wie die Forschenden berichten.

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Grab
Ausrichtung des Grabtempels nach der Sonnenstrahlung zur Wintersonnenwende. © Maria et al./ Med. Arch. Archeo /CC-by-sa 3.0

Das Eingangstor des Grabes war zudem in Breite und Höhe so berechnet, dass das Licht der aufgehenden Sonne nur an diesem Tag durch den gesamten Gang reichte und die Statue des Toten bestrahlte. „Die darum gebaute Totenkapelle schuf dunkle Räume beiderseits des von Säulen gesäumten Gangs, in denen Angehörige und Priester das große Ereignis verfolgen konnten“, erklären die Archäologen. „Dort konnten sie dem Geist des Toten periodische Opfergaben darbringen, während sie darauf warteten, dass der Grabtempel während der Wintersonnenwende erleuchtet wurde.“

Präzise astronomische Berechnungen

Damit ist diese Grabstätte die bisher älteste in Ägypten, die so eindeutig und präzise auf die Wintersonnenwende ausgerichtet war. Der vor mehr als 3.850 Jahren errichtete Grabtempel ist zudem so präzise geplant, dass die Sonne im gesamten Jahresverlauf ein spezifisches Muster in seinem Inneren zeichnet. „Dies demonstriert, dass die Ägypter schon damals die Position der Sonne und ihrer Strahlen berechneten und bei der Planung ihrer Monumente berücksichtigten“, konstatieren Maria und sein Team.

Nähere Analysen verrieten den Archäologen, dass der ägyptische Baumeister des Grabs QH33 nicht nur den Lauf der Sonne und ihren Aufgangsort bei der Wintersonnenwende kannte, sondern auch die Höhe des Sonnenstands zu verschiedenen Zeiten für diese geografische Position berechnete. „Die Architektur von QH33 dokumentiert dadurch die verschiedenen Phasen des Sonnenzyklus und ermöglichte es, diese unabhängig von Kalendern zu bestimmen“, erklären die Archäologen.

Erst der Anfang der astronomischen Grabarchitektur

Nach Ansicht der Forschenden bildet diese Grabstätte auf der Elephantine-Insel damit einen Höhepunkt in der Entwicklung dieser einzigartigen Grabarchitektur aus dem Mittleren Reich Oberägyptens. „Obwohl das Grab QH33 in Qubbet el-Hawa das bisher älteste Beispiel dafür ist, ist es sicher nicht das einzige“, sagen Maria und seine Kollegen. Sie erwarten, dass damals noch mehr Bauten mit einer so präzisen astronomischen Ausrichtung entstanden sind. Sie müssen nur gefunden werden. (Mediterranean Archaeology and Archaeometry, 2022; doi: 10.5281/zenodo.6815469)

Quelle: University of Malaga

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