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Phänomene

Wo liegen die absoluten Grenzen?

Extremwerttheorie hilft bei Ermittlung der ultimativen Weltrekorde

Wo liegt die absolute Leistungsgrenze für den Menschen im Laufen, Springen oder Werfen? Gibt es sie überhaupt? Genau diese Fragen haben zwei niederländische Wirtschaftsmathematiker, John Einmahl und Jan R. Magnus von der Tilburg Universität 2008 untersucht. Als Basis für ihre Studie nutzten sie ein spezielles statistisches Verfahren, die so genannte Extremwerttheorie. Diese beschäftigt sich mit Ausreißern und Extremwerten von Stichproben und deren möglichen Verteilungen. Eingesetzt wird sie beispielsweise bei der Prognose von Katastrophenschäden durch Versicherungen.

US-Läuferin Torri Edwards bei der WM 2007 in Osaka. Sie erzielte Bestleistungen, geriet aber in Dopingverdacht. © Eckhard Pecher / CC 2.5

Für die Berechnungen nutzten die Forscher die jeweils beste und schlechteste Leistung von mehreren tausend Leistungssportlern verschiedener Disziplinen in 28 hochkarätigen Wettbewerben aus den letzten Jahrzehnten. Berücksichtigt wurden dabei pro Geschlecht 14 Veranstaltungen mit jeweils acht läuferischen Disziplinen, drei Wurf- und drei Springwettbewerben. Diese Daten kombinierten sie mit Angaben zum aktuellen Stand von Material und Trainingsmethoden, sowie mit den heutigen Dopinggesetzen.

Ihre Kalkulationen erlauben damit eine Aussage darüber, welche Höchstleistungen theoretisch heute möglich wären. Für die Zukunft – und beispielsweise andere Materialien oder Dopingrichtlinien – müsste das Modell dagegen entsprechend angepasst werden.

Der 400-Meter-Weltrekord von Marita Koch (DDR) aus dem Jahr 1985 ist bis heute ungeschlagen © Bundesarchiv

Fabelwerte in einigen Sportarten…

Doch nach den Ergebnissen der Berechnungen wären schon heute in einigen Disziplinen maximale Bestleistungen erreichbar, die wie Fabelwerte klingen: So soll der ultimative Rekord im 400 Meter-Lauf der Frauen bei 45,79 Sekunden liegen – fast zwei Sekunden unter dem noch geltenden Weltrekord von 47,60 Sekunden, gelaufen von Marita Koch im Jahr 1985 in Canberra.

Auch beim Kugelstoßen der Männer sehen Einmahl und Magnus noch deutliche Verbesserungsmöglichkeiten: Der aktuelle Weltrekord von 23,12 Metern, gestoßen 1990 vom Amerikaner Randy Barnes, könnte demnach maximal auf 24,80 Meter gesteigert werden. Das entspricht immerhin einer Verbesserung um 7,3 Prozent. Im Speerwurf prognostizieren sie eine möglichen Rekord von 106,50 Metern mit dem neuen Speer, das sind mehr als acht Prozent mehr als der aktuelle Weltrekord von Jan Železný vom Mai 1996.

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…nur noch wenig Luft nach oben in anderen

Es gibt allerdings auch Sportarten, in denen sich die Leistungen nach Ansicht der Wissenschaftler schon heute an der maximal erreichbaren Obergrenze bewegen. So sagten sie für den Speerwurf der Frauen als ultimativen Weltrekord 72,50 Meter voraus – „nur“ 22 Zentimeter mehr als der heutige Weltrekord der Tschechin Barbora Špotáková vom September 2008 in Stuttgart. Auch im 800 und 1.500 Meterlauf der Frauen gibt es demnach nur noch wenig Luft nach oben.

Mittlerweile hat die Realität die Ergebnisse der Forscher aber teilweise schon überholt: Im Marathonlauf der Männer errechneten sie eine mögliche Bestzeit von 2 h 04‘ 06“, doch schon im September 2008 übertraf der Ausnahmeläufer Haile Gebrselassie diesen Wert mit 2 h 03‘59“ bei einem Wettbewerb in Berlin.

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Stand: 13.08.2009

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Höher, schneller, weiter
Gibt es eine Grenze der sportlichen Höchstleistungen?

Wo liegen die absoluten Grenzen?
Extremwerttheorie hilft bei Ermittlung der ultimativen Weltrekorde

Und die Königsdisziplin?
Die ultimativ erreichbaren Rekorde im 100 Meter Lauf

2060 ist Schluss
Lässt sich das Erreichen der Leistungsgrenze zeitlich vorhersagen

Peking, Rom und Co.
Wie sind diese Rekordexplosionen zu erklären?

Alles nur Zufall?
Warum einige Bestleistungen der Wahrscheinlichkeit folgen

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