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Wer erschuf die Geoglyphen?

Vom Steinzeitvolk bis zu den Angelsachsen

Die Vielzahl der Geoglyphen und ihre breite Verteilung demonstrieren, dass die Erschaffung solcher Erdbilder keine Eigenheit nur einer Kultur oder Region war. Stattdessen scheinen unsere Vorfahren vielerorts den Drang gehabt zu haben, solche Kunstwerke zu erschaffen – obwohl sie dies enorme Arbeit und Zeit kostete und sie die Bilder vom Boden aus oft nicht einmal in Gänze sehen konnten.

Kondor
Der Kondor, eine der Nazca-Figuren, ist vom Boden aus nicht zu erkennen. Dennoch war seine Erschaffung mit einfachsten Mitteln möglich, wie eine Rekonstruktion ergab.© Olena Lialina/ Getty images

Keine Außerirdischen nötig

Klar scheint, dass die Kulturen, die diese Geoglyphen schufen, einiges über Proportionen und Mathematik wissen mussten, um die enorm vergrößerten Zeichnungen in die Landschaft zu übertragen. Schon in den 1980er Jahren probierten ein Archäologen aus, eine der Nazca-Figuren mithilfe von einfachsten Hilfsmitteln zu reproduzieren. Sie nutzten Pflöcke und Seile, um die Abmessungen und Richtungen für den 136 Meter großen Kondor auf den Boden zu übertragen – mit Erfolg.

Damit demonstrierte das Team, dass selbst für diese überdimensionalen Landschaftsbilder keine fortgeschrittene oder gar „außerirdische“ Technologie nötig war. Auch ein Aufstieg in die Luft mit frühen Formen von Heißluftballonen, wie es damals einige Forscher postulierten, wäre für die Schöpfer der Linien nicht nötig gewesen. Denn die Motive ließen sich auch ohne Sicht von oben umsetzen, wie ihre Tests ergaben.

Bodenkunst schon in der Steinzeit

Die Zeiten, aus denen die Erdbilder stammen, sind dabei höchst unterschiedlich. Zu den ältesten Geoglyphen weltweit könnte das 4.000 bis 6.000 Jahre alte Elchbild von Tscheljabinsk gehören, aber auch die Steppengeoglyphen in Kasachstan. Diese sind Schätzungen zufolge bis zu 8.000 Jahre alt. Bei beiden Kunstwerken ist jedoch unklar, wer ihre Schöpfer waren und zu welcher Kultur sie gehörten.

Ebenfalls aus prähistorischer Zeit stammen einige der Erdbilder im Amazonasgebiet. Datierungen belegen, dass sie größtenteils aus der Zeit von vor 650 bis 2.000 Jahren stammen. „Einige könnten aber auch schon vor 3.000 bis 3.500 Jahren errichtet worden sein“, berichten Archäologen um Jennifer Watling von der University of Exeter. Und auch bei diesen Geoglyphen sind die Schöpfer unbekannt: „Dort, wo man die Geoglyphen gefunden hat, wurden bisher keinerlei Siedlungsspuren aus jener Zeit gefunden“, so Watling. Sie vermutet, dass die Erdkunstwerke im Laufe der Zeit von verschiedenen lokalen Kulturen errichtet und genutzt wurden.

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Nazca-Keramik
Die Keramik der Nazca war ebenso ikonisch und ausdrucksstark wie ihre Geoglyphen.© Metropolitan Museum of Art / CC0

Die Nazca und Paracas

Etwas mehr weiß man dagegen über den Ursprung der Nazca-Linien in Peru. Diese rund 1.500 Linien und Figuren wurden zwischen 800 vor und 600 nach Christus von Angehörigen der Paracas- und später der Nazca-Kultur in den trockenen Boden der peruanischen Küstenwüste gescharrt. Die in kleinere Stämme aufgeteilten Kulturen schufen kunstvolle Webarbeiten und Keramiken und konstruierten unterirdische Bewässerungssysteme, um trotz Trockenheit Nutzpflanzen anzubauen. Bekannt sind sie zudem für ihre Schädeldeformationen: Kindern wurden die Köpfe so eingebunden, dass sie die erstrebte langegezogene Schädelform entwickelten.

Die von diesen Kulturen hinterlassenen Geoglyphen verraten zudem, dass die Nazca auch Kontakte zu Regionen jenseits der Pampa besaßen: Einige der 16 in ihren Bodenbildern dargestellten Vögel zeigen Arten, die in ihrem Siedlungsgebiet nicht heimisch waren, wie ein Team um Masaki Eda von der Universität Hokkaido im Jahr 2019 berichtete. Sie identifizierten unter anderem einen Pelikan, sowie einen Papagei und einen Kolibri, die beide nur im Regenwald vorkommen. „All diese Vögel sind aus regionaler Sicht Exoten“, so Eda und seine Kollegen.

Kerzenleuchter
Der Kerzenleuchter – eine der Geoglyphen der Paracas-Kultur – liegt an einem Berghang und ist daher gut sichtbar.© DC Colombia/ Getty images

Etwas älter und von den Motiven her verschieden sind die Geoglyphen der Paracas-Kultur, den Vorgängern der Nazca. Sie schufen ihre Bodenbilder meist an geneigten Hängen, so dass sie von den im Tal liegenden Siedlungen aus zu sehen waren. Zudem stellten die Geoglyphen zwar auch geometrische Muster und Tiere dar, deutlich häufiger aber menschenähnliche Figuren, wie gut 50 im Jahr 2018 neu entdeckte Paracas-Linien belegen. „Viele dieser Figuren zeigen Krieger“, berichtet Luis Castillo von der Pontifikalen Katholischen Universität Perus.

Das Weiße Pferd der Kelten

In Europa gilt das Weiße Pferd von Uffington in Südengland als eines der ältesten bekannten Erdbilder. Datierungen zufolge ist es rund 2.500 Jahre alt und wurde damit in der späten Bronzezeit erschaffen – möglicherweise von Angehörigen der Kelten. Dazu passt, dass ähnlich stilisierte Pferde-Darstellungen auch von keltischen Münzen und Keramiken bekannt sind. Interessant auch: Die weißen Kalkumrisse des Pferdes müssen über die Jahrtausende hinweg kontinuierlich und regelmäßig erneuert worden sein. Ohne dies überwächst die Grasnarbe das Bodenbild innerhalb weniger Jahre.

Andere Kreidebilder in Südengland, darunter der 55 Meter hohe Riese von Cerne Abbas, sind allerdings deutlich jünger, wie kürzlich eine neue Datierung mithilfe der optisch stimulierten Lumineszenz enthüllte. Bei dieser werden die Minerale der Gesteinskörnchen durch Licht angeregt und geben daraufhin ihrerseits Photonen ab. An deren Wellenlänge lässt sich ablesen, seit wann diese Körnchen dem Licht ausgesetzt sind – und damit, wann die Scharrbilder entstanden sind. Im Falle des Riesen von Cerne Abbas war dies vor rund 1.000 Jahren – und damit in der Zeit der Angelsachsen.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Das Geheimnis der Geoglyphen
Wer erschuf die riesenhaften Bodenbilder – und warum?

Mehr als nur die Nazca-Linien
Erdbilder gibt es fast überall

Wer erschuf die Geoglyphen?
Vom Steinzeitvolk bis zu den Angelsachsen

Abbilder des Himmels
Haben die Geoglyphen eine astronomische Bedeutung?

Götter, Totems und Stammeszeichen
Was steckt hinter den Tierfiguren-Geoglyphen?

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