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Zoologie

Wenn sich Räuber als Putzteufel tarnen

Mimikry bei Putzerfischen

Putzteufel, die ihren gesamten Lebensinhalt nur darin sehen, die Wohnung oder das Haus absolut sauber zu halten, sind in der menschlichen Gesellschaft – vor allem im weiblichen Teil – nicht gerade selten. Während viele dieser „Exemplare“ von allen Übrigen meist als ermüdend, anstrengend oder sogar nervtötend empfunden werden, gibt es unter den Tieren einige Arten, die ihre Putzwut durchaus gewinnbringend einsetzen können.

Putzerfisch © NOAA

Vögel wie Krokodilwächter spazieren völlig ungeniert im weit geöffneten Rachen der Panzerechsen umher und kümmern sich liebevoll um die Zahnhygiene der Krokodile, Kuhreiher und Madenhacker befreien die verschiedensten Säugetiere von Parasiten oder beschädigten Hautteilen. Sie tun damit aber nicht nur den Kunden einen Gefallen, sie bereichern auch die eigene Speisekarte um etliche leckere Häppchen. Obwohl viele „Opfer“ dieser Putzer zu den gefährlichsten Raubtieren überhaupt gehören, lassen sie diese kleinen Helferlein unbehelligt gewähren. Viele der „beputzten“ Tiere scheinen diese Reinigungsaktionen sogar als angenehm zu empfinden und gehören zur Stammkundschaft dieses tierischen Wartungsservices.

Es verwundert deshalb wenig, dass auch die mehr als 40 Putzerfischarten weltweitüber reichlich Kundschaft verfügen. Die Putzer haben vor allem die Korallenriffe zu ihrem Arbeitsplatz auserkoren und stürzen sich dort nach einem bestimmten Verhaltensritual auf Friedfische und Raubfische, um sie von Plagegeistern und Unrat zu säubern.

In ihrem unterseeischen Wellness- und Gesundheitscenter haben die Putzerfische manchmal mehr zu tun als ihnen lieb ist. Dann stehen die Kunden ungeduldig Schlange, warten darauf, dass sie endlich an die Reihe kommen oder versuchen sogar, sich vorzudrängen. Wo so viel potentielle Beute lockt, fehlt es natürlich nicht an Raubfischen, die im Laufe der Evolution das Aussehen der Putzer nachgeahmt haben, um diese paradiesischen Fressgründe für sich zu erobern.

Der Schleimfisch Aspidontus taeniatus ist so ein Exemplar, das sich im Schutze von Mimikry in das Revier von Putzerfischen einschleicht. Dabei ist er nicht nur optisch vom Putzer kaum zu unterscheiden, er verhält er sich auch noch ganz ähnlich wie das Original. Kein Wunder, dass potentielle Kunden des Putzerfisches zunächst einmal auf diese perfekte Täuschung hereinfallen. Diese erleben dann aber ihr „blaues Wunder“. Mit seinen scharfen Zähnen schlägt der Schleimfisch erbarmungslos zu und beisst dem auf seine Säuberung wartenden Fisch Fleischstücke aus der Flosse und verspeist sie mit Genuss. Aus seiner Putzlethargie aufgeschreckt, dreht sich der malträtierte Fisch um, aber er sieht nur den angeblich harmlosen falschen Putzer, der so tut als wäre nichts geschehen.

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Erst wenn der Schleimfisch mehrmals zugebissen hat, wird der attackierte Kunde misstrauisch und nimmt Reißaus. Haben solche Mimikry-Opfer mehrfach ein derart abruptes und schmerzhaftes Ende einer Putzsession erlebt, beginnen sie schließlich den gesamten Riffbereich allmählich zu meiden – sehr zum Leidwesen von Putzer und Nachahmer.

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Stand: 08.12.2001

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Inhalt des Dossiers

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