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Astronomie/Kosmologie

Vorbild Sojus

Aus alt mach neu...

Shenzhou im Erdorbit © starobserver

Das Shenzhou-Raumfahrzeug erinnert stark an das russische Sojus-System, und das kommt nicht von ungefähr. In den frühen neunziger Jahren bestanden enge Verbindungen zwischen China und Russland, und es wurde anfangs sogar erwogen, für das Projekt 921 russische Sojus-Kapseln zu kaufen und diese mit Long-March-Raketen zu starten. Auch einige der chinesischen Astronauten-Anwärter, unter ihnen Chen Long, verbrachten einige Zeit in Russland, um das dortige Raumfahrtprogramm kennen zu lernen.

Den Chinesen offenbarten sich aber auch bald die Schwächen des russischen Systems. Sie beschlossen daraufhin, die Sojus nur noch als „Gestaltungsvorlage“ für ein völlig neu konzipiertes eigenes Raumfahrzeug zu verwenden. Nur einige wenige bewährte Komponenten übernahmen sie direkt von den Russen. Bewährt, das war der modulare Aufbau des Systems mit Orbitalmodul, Instrumenten- und Triebwerkseinheit und der Rückkehrkapsel. Bewährt war die äußerst einfache aerodynamische Form der Besatzungskabine, die auch bei einem Ausfall aller Steuerelemente während des Wiedereintritts in die Erdatmosphäre automatisch die richtige Raumlage beibehält.

Bewährt auch der ablative Hitzeschild, eine einfache Kunststoffmasse auf Epoxidharz-Basis, die beim Wiedereintritt abschmilzt und dadurch das Raumfahrzeug kühlt. Viel einfacher als der Hitzeschutz des Shuttles. Bewährt war auch das Fallschirmsystem mit der Stabilisierungsballute und dem einzelnen orangefarbenen Hauptfallschirm (und dem etwas kleineren Reserveschirm für den Notfall), und bewährt waren auch die Bremsraketen für den Bodenkontakt.

Shenzhou-Kapsel © starobeserver

Von den schlechten oder veralteten Features des Sojus-Systems trennten sich die Chinesen dagegen. Die qualvolle Enge in der russischen Start- und Landekabine stieß sogar den eher kleinwüchsigen Chinesen unangenehm auf. Sie vergrößerten die Kabine um 13 Prozent. Die altertümlichen Instrumente der russischen Kommandokabine wurden durch moderne Displays und leistungsfähige Elektronik ersetzt. Auch das Orbitalmodul ist wesentlich größer als die entsprechende russische Einheit. Es ist auch nicht kugelförmig, sondern zylindrisch, und es ist in der Lage, selbständig und automatisch im Weltraum zu operieren, und zwar für mehr als ein halbes Jahr, denn es verfügt über eine eigene Stromversorgung und eine eigene Lageregelung. Mehrere zusammengekoppelte Orbitmodule können die Basis für eine erste rudimentäre Raumstation bilden.

Trägerrakete CZ-2F © starobserver

Die Konstruktion des extrem zuverlässigen Gerätemoduls mit den Antriebseinheiten behielten die Chinesen dagegen bei. Und auch Ausrüstungsgegenstände wie die Raumanzüge sind kaum von ihren russischen Vorbildern zu unterscheiden. Insgesamt ist das chinesische System wesentlich komplexer und leistungsfähiger als das russische Sojus-System. Aber es ist auch um zwei Tonnen schwerer. Für den Start dieser Komponenten ist damit auch eine leistungsfähigere Trägerrakete notwendig als die Sojus U, mit der die Russen ihre bemannten Raumfahrzeuge in den Orbit bringen. Die Sojus U kann 7.250 Kilogramm in eine niedrige Umlaufbahn bringen, und gibt damit das Limit für das Sojus-System vor. Die Trägerrakete CZ-2F kann dagegen problemlos zwei Tonnen mehr in den Weltraum transportieren. Erst die Leistungsfähigkeit dieses Trägers ermöglichte die großzügigere Auslegung des chinesischen Systems.

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Stand: 19.09.2003

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Inhalt des Dossiers

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