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Medizin

Von der Idee zu ersten Tests

Die ersten Schritte des Bochumer Gen-Impfstoffs

Um die aufwendige „Maßanfertigung“ eines Impfstoffs zu umgehen, suchen die Wissenschaftler heute daher einen Gen-basierten Impfstoff, der im menschlichen Organismus selbstständig die dendritischen Zellen ansteuert und diese gegenüber dem HI-Virus aktiviert. Genau dies ist das Ziel des von der Ruhr-Universität Bochum koordinierten EU-Verbundprojektes DEC-VAC.

Andockstelle gesucht

Die Strategie der Forschenden hierbei: Sie nutzen Antikörper als Fähren, die gezielt an ein Oberflächenprotein der dendritischen Zellen binden. Die Antikörper wiederum sind mit den durch Gen-basierte Impfstoffe gebildeten viralen Proteinen beladen. Nach Bindung der Antikörper sind daher die viralen Peptide auf der Oberfläche der dendritischen Zellen angehaftet und werden den unreifen Killerzellen präsentiert. Diese erhalten damit die nötige Information über ihre Ziele.

Als vielversprechender Kandidat für eine Andockstelle hat sich dabei das Oberflächenprotein DEC205 der dendritischen Zellen erwiesen, unter anderem in Untersuchungen von Professor Ralph Steinman an der Rockefeller University in New York, einem der Kooperationspartner der Bochumer Forscher. Um diesen Ansatz auf Gen-basierte Impfstoffe zu übertragen, haben die Bochumer Wissenschaftler in den ersten 18 Monaten des DEC-VAC-Projektes bereits spezielle Antikörper gegen DEC205 hergestellt, die mit entsprechenden „Impfproteinen“ gekoppelt werden können.

Erster Schritt: Bindung erfolgreich

Für ihre ersten Tests hängten sie jedoch nicht gleich ein HIV-„Impfprotein“ an die Antikörper an, sondern das harmlose Protein Ovalbumin, da sich an ihm die Immunantworten sehr gut untersuchen lassen. Um festzustellen, ob die so veränderten Antikörper tatsächlich an DEC205 binden, wurde zunächst eine DEC205 tragende Zelllinie mit der Kombination aus Antikörper und Ovalbumin versetzt. Der Trick dabei: Zuvor war dieses Fusionsprodukt mit einem Ovalbumin-spezifischen Fluoreszenzfarbstoff angefärbt worden. Dadurch konnten die Wissenschaftler aus dem Leuchten der dendritischen Zellen erkennen, ob sich die veränderten Antikörper erfolgreich angelagert hatten. Tatsächlich nahm die Fluoreszenzintensität einzelner Zellen bei Verwendung eines Antikörpers gegen DEC205 deutlich zu.

Zweiter Schritt: die Präsentation

Als nächsten Schritt galt es festzustellen, ob der Antikörper die Aufnahme und Präsentation von Ovalbumin durch dendritische Zellen auch wirklich verstärkt. Dafür injizierten die Forscher dieses Fusionsprotein Mäusen. Am Tag darauf isolierten sie deren dendritische Zellen und mischten diese mit Ovalbumin-spezifischen T-Zellen. Es zeigte sich, dass nur dendritische Zellen von Mäusen, die das Fusionsprotein aus Antikörpern gegen DEC205 und Ovalbumin erhielten, die T-Zellen zur Teilung anregten. Dies wies deutlich auf eine verbesserte Aufnahme und Präsentation des Fusionproteins durch die dendritischen Zellen hin.

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Dritter Schritt: die Aktivierung

Um nachzuweisen, ob sich die T-Killerzellen auf diese Weise im Organismus auch tatsächlich aktivieren lassen, injizierten die Wissenschaftler nun erneut Mäusen das Fusionsprotein, anderen dagegen nur Ovalbumin. Zusätzlich erhielten alle Mäuse auch Ovalbumin-spezifische Killerzellen, die mit einem Fluoreszenzfarbstoff angefärbt waren. Der Farbstoff hilft dabei, die Teilungsaktivität und damit auch die Vermehrung der Killerzellen zu beurteilen. Denn da sich nach jeder Zellteilung der Fluoreszenzfarbstoff auf beide Tochterzellen verteilt, wird er immer weiter verdünnt, je stärker sich die Zellen vermehren.

Und wie erhofft, vermehrten sich die T-Killerzellen tatsächlich tatsächlich in Anwesenheit des Fusionsproteins besonders stark: Im Vergleich zu Ovalbumin führte das Fusionsprotein bereits in 100-fach niedriger Dosis zur Vermehrung der Ovalbumin-spezifischen T-Zellen. Die Mobilisierung der körpereigenen „Armee“ hatte also geklappt.

Vierter Schritt: die Hormonreaktion

Die Aktivierung von T-Zellen durch dendritische Zellen führt nicht nur zur Zellteilung, sondern auch zur Produktion von Hormonen des Immunsystems, wie etwa den Interferonen. Um diese Immunantwort zu überprüfen, führten die Bochumer Forscher weitere Versuche durch. Dabei injizierten sie Mäusen erst den Gen-basierten Impfstoff, dann folgte eine Auffrischungsimpfung mit dem Fusionsprotein oder einem Ovalbumin- Kontroll-Protein.

Anschließend entnahmen sie Milz-Zellen der immunisierten Mäuse, und versetzten diese in einer Zellkultur mit Ovalbumin-Peptiden. Mithilfe von Fluoreszenzdoppelfärbungen ließ sich nun belegen, dass die T-Zellen nicht nur auf das Ovalbumin geprägt waren, sondern darüber hinaus auch Interferon-g produzierten. Die Immunisierung mit dem Fusionsprotein hatte demnach auch die Bildung des Interferons angeregt.

Die Wissenschaftler hoffen nun, diese mit ihrem Testprotein Ovalbumin erzielten Ergebnisse auch in Untersuchungen mit HIV-Fusionsproteinen bestätigen zu können.

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Stand: 25.01.2008

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Aids-Impfstoff gesucht
Eine Gen-basierte Strategie gegen das Virus im Test

Mit Tricks gegen die Doppelstrategie
Wie HIV die körpereigenen Abwehrmaßnahmen unterläuft

Wo ansetzen?
Erste Versuche mit Lebensimpfstoffen

Gen statt Protein
Das Prinzip eines Gen-basierten Impfstoffs

Von der Idee zu ersten Tests
Die ersten Schritte des Bochumer Gen-Impfstoffs

Wie geht es weiter?
Optimierung und weitere Tests

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