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Umweltschutz dank Krise?

Die unendliche Saga vom Zellulosewerk

Bereits seit Jahrzehnten in der Kritik stehen die Zellulosewerke am Rande des Baikalsees, in Baikalsk und Selenginsk. Allein das Papier- und Zellulosekombinat in Baikalsk (BPPM) produziert täglich über 200.000 Liter Abwasser, die seit dem Bau des Werks 1966 größtenteils ungeklärt in den Baikalsee abgelassen werden. In den 80er Jahren verbreitete sich unter den Baikalrobben eine durch vergiftetes Wasser ausgelöste Epidemie, immer wieder kam es zu Fischsterben.

Zellulosewerk am Baikalsee © Bodo Thöns

Umbauen oder weitermachen?

Nach einem ersten gescheiterten Versuch Anfang der 1990er Jahre, bei dem das Werk mit modernen Kläranlagen ausgestattet und umgerüstet werden sollte, brachte auch ein zweiter Sanierungsversuch keinen Erfolg. Die Weltbank hatte sich 2002 bereit erklärt, 22,4 Millionen US-Dollar für eine auf 33,5 Millionen US-Dollar veranschlagte umweltfreundliche Modernisierung des Werks bereitzustellen. Im Jahr 2005 jedoch zog sich das Kreditinstitut zurück, als klar wurde, dass auch der neue Eigentümer, der das Werk drei Jahre zuvor übernommen hatte, bis dahin keinerlei Versuche unternommen hatte, zuvor versprochene Umrüstungsmaßnahmen wirklich umzusetzen.

Erst im September 2008 wurde das Werk in Baikalsk schließlich auf moderne, umweltschonende Technologien umgerüstet, wie es nationale und internationale Behörden und Kunden seit langem gefordert hatten. Durch den neuen Produktionskreislauf wuchsen die Kosten jedoch so rapide an, dass das Werk nicht länger konkurrenzfähig war. Im November 2008 wurde das Kombinat in Baikalsk vorläufig geschlossen.

Die gute Seite der Krise

Möglicherweise bringt nun die weltweite Wirtschaftskrise eine endgültige Entscheidung. Im April dieses Jahres hatte der Gebietsgouverneur von Irkutsk, Igor Jessipowski, gegenüber russischen Medien verlauten lassen: „Wir verstehen endlich, dass das Zellulose- und Papierkombinat in Baikalsk nicht weiter arbeiten kann“. Grund dafür seien jedoch nicht Umweltbedenken, sondern die Tatsache, dass das Werk aus wirtschaftlichen Gründen voraussichtlich endgültig schließen muss. Jessipowski jedoch verunglückte im Mai bei einem Hubschrauberabsturz tödlich. Ein neuer Gouverneur könnte die Entscheidung auch wieder rückgängig machen.

Das zweite große Zellulosewerk von Selenginsk am Südufer des Baikalsees hingegen erzeugt weltweit viel weniger Aufmerksamkeit. Es wurde etwa zur gleichen Zeit errichtet, wie das in Baikalsk, ist etwas kleiner und deutlich weiter entfernt vom Baikalsee. Doch in Selenginsk wird das Abwasser in die Selenga, den größten Zufluss des Baikals geleitet – eine Gefahr nicht nur für den Baikal, sondern auch das artenreiche Selenga-Delta.

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Edda Schlager
Stand: 10.07.2009

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Baikalsee – ein Update
Klima, Krise, Tauchrekorde

Sommer 1903 – Nächster Halt: Port Baikal
Eugen Zabel und die Baikalquerung mit der Transsibirischen Eisenbahn

See der Superlative
Einmaliger Lebensraum

Tollkühne Russen in sinkenden Kisten
Auf Tauchgang im Baikalsee

Alte Daten, neue Bilder
Die bathymetrische Karte des Baikalsees

Kieselalgen mögen’s kalt
Baikal reagiert auf den Klimawandel

Kleine bringen Große in Gefahr
Zerfallende Nahrungskette

Gerade noch mal abgebogen?
Öl, Gas und die „Baikal-Pipeline“

Umweltschutz dank Krise?
Die unendliche Saga vom Zellulosewerk

Endlager am Baikalsee
Die Pläne von Rosatom

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