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Anthropogeographie

Tod im Rausch

Das Rätsel der drei Kinder vom Llullaillaco

Im Jahr 1999 entdeckten Forscher auf dem Gipfel des Andenvulkans Llullaillaco in Argentinien weitere Kindermumien, die zunächst Rätsel aufgaben. Die in einer Art Schrein gefundenen mumifizierten Leichen von drei Kindern stammten ebenfalls aus der Zeit der Inka. Ein 13-jähriges Mädchen, ein vier bis fünf Jahre altes Mädchen und ein gleichaltriger Junge waren in ihrem steinernen Grab nahezu unversehrt konserviert.

Die Mumie des 13-jährigen Mädchens vom Llullaillaco im Labor © Grooverpedro / CC-by-sa 2.0

Todesursache unklar

Im Gegensatz zur 1995 entdeckten „Juanita“ aber zeigten diese Kinder keine äußeren Verletzungen. Sie waren demnach offenbar nicht gewaltsam zu Tode gekommen. Darauf deuteten auch die Position und die Umgebung des älteren Mädchens hin: Sie saß scheinbar entspannt mit überkreuzten Beinen und nach vorne gesunkenem Kopf in ihrem steinernen Verließ. Die ordentlich um sie herum angeordneten Keramikteller und -schalen schienen unberührt, ebenso der Federschmuck, den die junge Frau über einem dunklen Tuch auf dem Kopf trug.

Wenn das Mädchen aber nicht erwürgt oder erschlagen wurde, wie viele andere Kinderopfer der Inka, was war dann die Todesursache? Ein erstes Indiz war eine Rolle aus Coca-Blättern, die die Inka-Mumie noch im Tode im Mund trug, wie im Jahr 2013 Untersuchungen mittels Computertomografie zeigten. Der zweite Hinweis ergab sich aus Haarproben der drei Kindermumien, die britische Forscher auf Rückstände von Kokain oder Alkohol analysierten.

Das auf Basis einer Computertomografie erstellte 3D-Modell zeigt die Cocablätter im Mund des Mädchens. © Wilson et al./ PNAS

Kältetod durch Alkohol und Kokain

Tatsächlich wurden sie fündig: Die Haaranalysen ergaben, dass alle drei Kinder zum Zeitpunkt ihres Todes sowohl Alkohol als auch Coca-Blätter konsumiert hatten. Beide Drogen erzeugen veränderte Bewusstseinszustände, die in der Kultur der Inka als heilig galten, machen aber auch benebelt und gefügig. Die Forscher schließen aus ihren Analysen, dass die beiden Mädchen und der Junge betäubt waren, als sie in ihre Gräber eingeschlossen wurden und sich daher nicht wehrten.

Diese Drogen trugen vermutlich auch zum Tod der drei Kinder bei. Denn vor allem der Alkohol könnte ihr Kälteempfinden betäubt und ihre Auskühlung beschleunigt haben. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt sind dann wahrscheinlich alle Drei erfroren, bevor sie eine Chance hatten, aus dem Rausch zu erwachen.

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Nadja Podbregar
Stand: 13.06.2014

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Das Rätsel der Andenmumien
Toten- und Opferrituale am Rande der Atacama

Die Chinchorro-Mumien
Verblüffend komplexe Bestattungstechniken bei einfachen Fischern

Abgeschaut vom Wüstenwind
Wie kamen die Chinchorro auf die Idee der Mumien?

Opfertod für Gott und Volk
Die Capacocha-Zeremonie der Inka

Die Mumie vom Feuerberg
Die Entdeckung der Inka-Mumie "Juanita"

Tod im Rausch
Das Rätsel der drei Kinder vom Llullaillaco

Erst verwöhnt, dann geopfert
Die letzten Monate vor dem Capacocha-Ritual

Make-Up für die Toten
Der Totenkult von Teotihuacan

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