Die bessere Konservierung von Lebern, Nieren und Co sorgt in Zukunft womöglich dafür, dass mehr Patienten mit Spenderorganen versorgt werden können. Doch das grundlegende Problem des Organmangels erübrigt sich dadurch nicht. Um dies zu ändern, müsste ein größerer Anteil der Bevölkerung zum Spenden motiviert werden – oder aber die Medizin muss andere Quellen für Organe finden. Und genau das versucht sie bereits.
Das Tier im Menschen
Während einige Forscher menschliche Gewebestrukturen im Labor züchten, verfolgen andere eine alternative Idee: Wie wäre es, wenn eines Tages zum Beispiel Schweineherzen in unseren Körpern schlagen würden? Organe zwischen zwei unterschiedlichen Tierspezies zu übertragen, mag verrückt klingen. Tatsächlich aber haben solche sogenannten Xenotransplantationen bereits mehrfach geklappt.
Einen besonderen Erfolg vermeldeten jüngst Matthias Längin vom Universitätsklinikum München und seine Kollegen. Sie transplantierten Schweineherzen in Paviane, die bis zu sechseinhalb Monate mit dem neuen Organ überlebten – so lange wie nie zuvor. „Die Überlebenszeit und Funktion der Schweineherzen bis zu 195 Tage ist ein Meilenstein und wurde weltweit bislang nicht erreicht“, sagt Ralf Tönjes vom Paul-Ehrlich-Institut in Langen. Experten halten diesen Fortschritt für so relevant, dass in absehbarer Zeit erste klinische Versuche am Menschen in Erwägung gezogen werden könnten.
Schweine sind die erste Wahl
Doch warum Schweineherzen? Die ersten Versuche, Organe von Menschen durch tierische zu ersetzen, wurden mit Gewebe von Schimpansen durchgeführt. Denn die Primaten sind unsere nächsten Verwandten. Trotzdem gelten heute Schweine als vielversprechendste Spender. Zum einen hat sich herausgestellt, dass ihre Organe eine besser mit den menschlichen Pendants vergleichbare Größe und Funktion aufweisen. Zum anderen ist die Zucht und Haltung der Tiere verhältnismäßig einfach.
Um die Erfolgsaussichten einer artübergreifenden Transplantation zu erhöhen, wird inzwischen auch auf gentechnische Kniffe gesetzt: Gezielte genetische Veränderungen sorgen zum Beispiel dafür, dass auf der Oberfläche der fremden Organe menschliche Proteine exprimiert werden. Das soll später die Abstoßungsreaktionen reduzieren.
Ethisch fragwürdig?
Insgesamt ist allerdings noch unklar, ob Schweineorgane oder andere tierische Transplantate auf Dauer zuverlässig und sicher im menschlichen Körper funktionieren. So könnte unter anderem unser aufrechter Gang einen unvorhersehbaren Einfluss auf die Organe ausüben. Außerdem gibt es Bedenken wegen möglicher Infektionen: Retroviren, die in den Zellen von Tieren schlummern, könnten durch Transplantationen auf den Menschen überspringen und zur Ausbreitung neuer Krankheiten führen.
Darüber hinaus wirft der Ansatz – wie die Nutztierhaltung generell – zwangsläufig ethische Fragen auf: Ist es vertretbar Tiere zu züchten, um sie als „Ersatzteillager“ für den Menschen zu nutzen? Und was bedeutet es für das Selbstbild eines Patienten, wenn das Organ einer anderen Spezies in ihm schlägt?
Zunächst als Überbrückung
Finden Wissenschaft und Öffentlichkeit Antworten auf die drängendsten Fragen, wäre die erste Anwendung der Xenotransplantation wahrscheinlich eine sogenannte „Bridge to Transplantation“. Dabei würden Patienten in akuter Lebensgefahr als Überbrückung ein Schweineorgan implantiert bekommen – bis eine menschliche Spende zur Verfügung steht.