Anzeige
Raumfahrt

Sprengen als letzte Rettung?

Wie sinnvoll wären Atombomben gegen einen Asteroiden?

Das Szenario kennen wir alle aus einschlägigen Hollywood-Filmen: Ein großer Asteroid rast auf die Erde zu und ist schon so nah, dass nur noch eine Zerstörung oder drastische Ablenkung den Planeten retten kann. Jetzt kommen eine große Atombombe und wackere Helden ins Spiel, die unter Einsatz ihres Lebens den Asteroiden sprengen und so die Katastrophe in letzter Sekunde verhindern.

In Hollywood-Filmen ist dies der Klassiker bei der Asteroidenabwehr: Ihn per Atombombe sprengen oder ablenken. © NEOshield

Aber wie realistisch ist so ein Szenario à la „Armageddon“ oder „Deep Impact“? Fakt ist: Um Bruce Willis und seine tapferen Kumpane zu einem Asteroiden zu schicken, fehlt uns sowohl das Geld als auch die Technik. Raketen und Raumkapseln für bemannte Flüge über den Erdorbit hinaus sind gerade erst in der Entwicklung, startbereit wäre im Ernstfall keine einzige.

Cruise-Missiles gegen kosmische Boliden?

Im Ernstfall wäre die Methode der Wahl daher eher eine unbemannte Sonde, die mit einer atomaren Sprengladung an Bord dem Asteroiden entgegenfliegt. Ziel wäre es, den Boliden entweder zu zerstören oder aber ihn mit Gewalt aus seinem Kurs Richtung Erde zu drängen. Tatsächlich gilt diese rabiate Methode unter Experten bisher als die einzige, die nach dem jetzigen Stand der Technik genügend Energie pro Masse freisetzen kann, um den gewünschten Effekt auch bei einem größeren Asteroiden oder wenig verbleibender Zeit zu erzielen.

Start einer russischen Interkontinentalrakete vom Typ RS-20B © Russsisches Verteidigungsministerium/ CC-by-sa 4.0

Tatsächlich soll Russland planen, einige seiner Interkontinentalraketen für genau diesen Zweck umzurüsten, wie die russische Nachrichtenagentur TASS vor kurzem berichtete. Der Vorteil dieser Strategie: Im Gegensatz zu normalen Trägerraketen, die Wochen und länger für die Vorbereitung eines Starts benötigen, sind Atomraketen dank ihres Feststoffantriebs in wenigen Stunden einsetzbar.

„Die Sprengwirkung verpufft“

Folgt man der Logik Hollywoods, scheint die Sprengung des heranrasenden Brockens die sicherste Lösung. Übrig blieben dann nur ein paar harmlos in der Atmosphäre verglühende Meteore. Doch die Realität sähe anders aus: „In der Praxis ist es sehr schwer, einen großen Felsbrocken zu zerstören“, erklärt Asteroidenforscher Alan Harris vom DLR. So muss man zuvor unbedingt wissen, welche Konsistenz der Asteroid hat. „Man hat Kometenkerne, lose Gesteinstrümmer, aber auch Stücke massiven Eisens“, erklärt Donald Yeomans vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA.

Anzeige

Ist der Asteroid weich oder porös, absorbiert er einen Großteil der Explosionsenergie und die Wirkung verpufft. Im Extremfall richtet eine Atombombe dann gar keinen größeren Schäden an oder – noch schlimmer – zersprengt den Brocken in wenige große Fragmente. Das jedoch hätte fast ebenso verheerende Folgen wie der Einschlag des ursprünglichen Asteroiden.

Ist der Asteroid porös oder besteht aus Trümmern, funktioniert das Sprengen oder Rammen nicht. © stocktrek/iStock.com

Zu schnell für den Zünder?

Um einen größeren Asteroiden so gründlich zu zerstören, dass nur harmlose Trümmer übrig bleiben, muss die nukleare Sprengladung stark genug sein und zudem noch extrem genau platziert. Am besten dringt sie direkt in den Asteroiden ein und sprengt ihn von innen auseinander. Dafür jedoch benötigt man Raketen, die genügend Aufprallwucht erzeugen, und eine automatische Navigation, die die Sprengladung trotz Rotation des Asteroiden an genau die richtige Stelle lenkt.

Als Forscher der NASA Szenarien mit „interplanetaren“ Atomraketen durchspielten, stießen sie auf ein weiteres Problem: Um einen nahe herangekommenen Asteroiden rechtzeitig zu erreichen, müsste eine Rakete so schnell fliegen, dass sie mit einem Tempo von bis zu 30 Kilometern pro Sekunde einschlägt. Doch wie Brent Barbee vom Goddard Space Flight Center feststellte, würde bei einem so heftigen Aufprall der Zünder der Atombombe unweigerlich zerstört – die Mission wäre gescheitert.

Es gäbe aber eine Lösung: Eine Kombination aus Rammbock und Bombe. Barbee und seine Kollegen haben dafür eine zweiteilige Raumsonde designt, deren Kopf aus einem kinetischen Impaktor besteht. Dieser trifft mit voller Wucht auf den Asteroiden, schlägt einen tiefen Krater und absorbiert den größten Teil der Aufprallenergie. Die Atombombe detoniert dagegen knapp über dem Kratergrund. Allerdings: Auch diese Abwehrmethode existiert bisher nur auf dem Papier.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. weiter

Nadja Podbregar
Stand: 09.12.2016

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Kollisionskurs Erde
Asteroidenabwehr – was tun gegen einen Einschlag?

Die Bedrohung
Wie wahrscheinlich ist ein kommender Einschlag?

Was wäre wenn?
Die ersten Schritte nach der Entdeckung

Ablenken durch Anziehung
Die Methode des "Gravity Tractor"

Raumsonde als Rammbock
Kinetische Impaktoren als Ablenk-Helfer

Sprengen als letzte Rettung?
Wie sinnvoll wären Atombomben gegen einen Asteroiden?

Hilflose Zielscheibe
Wie gut sind wir auf einen Ernstfall vorbereitet?

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Proben-Mission zu einem Asteroiden gestartet
Raumsonde OSIRIS-REx soll eine Asteroidenprobe zur Erde zurückbringen

Forscher entdecken eines der größten Meteoriten-Streufelder Europas
Mehr als 600 Meteoriten-Fragmente eines seltenen Eisenmeteoriten im Schweizer Jura

Gewaltiger Einschlag vor rund 3,5 Milliarden Jahren?
Forscher finden urzeitliche Spuren eines Asteroideneinschlags in Australien

Knapper Vorbeiflug eines Asteroiden
470 Meter großer Brocken passiert die Erde am Samstag in sicherer Entfernung

Dossiers zum Thema

Kometen - Rätselhafte Vagabunden im Weltraum