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Medizin

Sozialer Faktor und Karrierrehilfe

Self-Tracking bei Sport-Studierenden

Wenn Self-Tracking schon den Breiten-, Freizeit- und Gesundheitssport beeinflusst – was bedeutet dieser strukturelle Wandel dann für besonders engagierte Akteure des Sports, etwa Studierende der Sportwissenschaften?

Nur ein Viertel der Sportstudenten nutzt bisher Apps zum Self-Tracking © sanja gjenero / freeimages

Nur ein Viertel nutzt eine App

Das haben Forscher der Universität Frankfurt in einer explorativen Studie untersucht, die sie am Institut für Sportwissenschaften durchführten. Sie deutet darauf hin, dass die Quantified-Self- Ideologie selbst unter engagierten Sportlern weniger verbreitet ist als vermutet. Die Untersuchung ging von der Annahme aus, Studierende der Sportwissenschaften seien eine Art Avantgarde, wenn es um die technisch vermittelte Selbstvermessung ihres Körpers geht.

Erste Ergebnisse zeigen, dass sich nur 60 Prozent der 63 schriftlich Befragten selbst vermessen – und zwar mit und ohne Gadgets. Ein großer Teil nutzt Puls-, Stopp- und Armbanduhren, einige lediglich Stift und Papier und nur 25 Prozent nutzen eine App. Als Gründe geben sie an: Verbesserung, Überprüfung und Vergleich der eigenen Leistung beziehungsweise einzelner Parameter sowie bloßes Interesse an den Daten.

„Gut für die Karriere“

In den vertiefenden qualitativen Interviews zeigte sich, dass die Messung der Körperdaten nicht ausschließlich der Leistungssteigerung, dem sportlichen Rekordstreben oder der Körper- und Selbstoptimierung diente. So berichtet ein Student, dass er hoffe, durch das Kontrollieren und Verbessern seines Körpers später eine berufliche Anstellung zu bekommen oder sich selbstständig machen zu können.

Daten-Upload als Beleg fürs eigene Engagement © Antionio Guillem / clipdealer

Ein anderer Teilnehmer kann durch das App-gestützte Registrieren seiner Laufleistung mit Kommilitonen wetteifern und sich so in den neuen Kreis integrieren. Ein weiterer Sportstudent beweist durch die Aufzeichnung seiner Trainingseinheiten sich und anderen, dass er es ernst meint und „wirklich“ Sport treibt.

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Die Vermessungspraktiken dienen demnach zum einen dazu, das „körperliche Kapital“ zu erhöhen. Das wiederum soll zu außersportlichen Renditen führen: Die Studierenden hoffen, ihr Körperkapital in bessere berufliche Chancen sowie in soziales und ökonomisches Kapital transformieren zu können.

„Etwas Handfestes“

Darüber hinaus betonen die interviewten Personen, wie wichtig es sei, durch das Vermessen und Aufzeichnen ihrer sportlichen Aktivitäten diese sichtbar zu machen. Erst durch ihre Sichtbarkeit würden die Leistungen individuell und sozial relevant. Denn das Vermessen und Aufzeichnen überführt Flüchtiges wie das absolvierte Training, die konkrete situative Herzfrequenz oder das momentane Gewicht in „Handfestes“. Das heißt: in etwas Verobjektiviertes und Dauerhaftes.

Für einige ist dieses Motiv so entscheidend, dass sie an einer Auswertung der Daten oder am Vergleich mit anderen gar nicht interessiert sind. Ähnlich wie bei den von Pharabod und ihrem Team befragten Personen dient die Vermessung bei ihnen eher der Selbstberuhigung: Man hat das gute Gefühl, etwas Wichtiges für sich und seine Zukunft zu tun.

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Stefanie Duttweiler und Robert Gugutzer / Forschung Frankfurt
Stand: 14.08.2015

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Self-Tracking
Narzisstische Selbstoptimierung oder gesunde Hilfe?

Umstrittene Nabelschau
Self-Tracking: Fluch oder Segen?

Mogeln gehört dazu
Wozu nutzen Menschen Self-Tracker?

Der virtuelle Wettkampfgegner
Wandel des Breitensports durch Self-Tracking

Sozialer Faktor und Karrierrehilfe
Self-Tracking bei Sport-Studierenden

Pragmatisch statt verdinglicht
Self-Tracking muss differenzierter gesehen werden

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