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Anthropogeographie

Sind Viren lebendig?

Spurensuche an der Grenze des Lebens

Wo hört Leben auf, wo fängt Leben an? Diese Frage beschäftigt die Menschheit seit jeher. Im 19. Jahrhundert beispielsweise fragte sich der französische Chemiker und Mikrobiologe Louis Pasteur, ob nicht organische Moleküle enger mit dem Leben verknüpft sind als damals angenommen. Auch zahlreiche weitere, nicht weniger bedeutende Wissenschaftler und Philosophen haben sich intensiv mit dieser Frage befasst.

Auch biologische Viren sind ohne Wirt nicht lebens- und vermehrungsfähig - sind sie ein Lebewesen? Hier ein Influenzavirus. © CDC

Ihre unterschiedlichen Thesen verweisen auf die Schwierigkeit, die Grenzen des Lebens zu definieren. Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass auch Computern, die uns im tagtäglichen Handeln ständig begleiten, Eigenschaften lebender Organismen zugewiesen werden.

Von der Biologie zum Computer

Ist die Information, die in einem Silizium-Chip organisiert und gespeichert ist, weniger lebendig als die der DNA-Doppelhelix in unseren Genen? Ist das Virus, das sich nur innerhalb einer geeigneten Wirtszelle vermehren kann und weder über eine eigenständige Replikation noch über einen eigenen Stoffwechsel verfügt, lebendiger als ein Computer-Programm? Sowohl die Grauzonen, die mit diesen Fragen einhergehen, als auch die immer stärkere Durchdringung unseres Alltags durch den Computer führen zu einer Art Personifikation des Rechners.

Vervollständigt wird dieses Bild durch die Entwicklung von Robotern mit künstlichen „Sinnesorganen“ und Gliedern, die in der letzten Dekade einen bemerkenswerten Sprung gemacht hat. Die semantische Übertragung des klassischen Virus-Begriffes aus der Biologie auf den Computervirus scheint in diesem Kontext nicht nur naheliegend – sie stellt auch einen weiteren Beleg dafür dar, wie sich die Rolle des Computers in unserem Leben und in unserer Gesellschaft gewandelt hat.

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Es reproduziert sich und infiziert Wirte

Ein Computervirus ist ein sich selbst verbreitendes Programm, das Veränderungen am Status der Hardware, am Betriebssystem oder an weiterer Anwendungssoftware vornehmen kann, ohne dass diese vom Anwender kontrollierbar sind. Wie sein biologisches Vorbild benutzt das Virus die Ressourcen seines Wirtes, des Computers.

Es kann sich selbst reproduzieren, indem es Kopien von sich erzeugt, und es kann sich in bestehenden Programmen gleichsam einer biologischen Infektion einpflanzen. Dadurch werden Datenträger wie Festplatten und Wechselmedien wie USB-Sticks „infiziert“. Durch das Handeln des Benutzers, zum Beispiel, indem er ein infiziertes Wechselmedium an ein anderes System anschließt, gelangt das Virus von einem Computer zum nächsten.

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Vincent Heuveline, Universität Heidelberg/ Ruperto Carola
Stand: 10.06.2016

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Virtuelle Krankmacher
Was Computerviren und ihre biologischen Gegenparts gemeinsam haben

Sind Viren lebendig?
Spurensuche an der Grenze des Lebens

Viren, Würmer und Trojaner
Welche Schadprogramme gibt es und was tun sie?

Viren und ihre Schöpfer
Wer steckt dahinter - und warum?

Können Computerviren mutieren?
Auf dem Weg zu einer Evolution der Computerviren

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