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Signale auf der „Überholspur“

Wie kommt der Schmerz ins Gehirn?

Das Messer rutscht ab und schneidet statt der Gurke in die Haut. Was geschieht?

In der Haut sitzen neben zahlreichen Sensoren für Hitze, Kälte oder Druck auch spezielle Schmerzsinneszellen, die Nozizeptoren. Diese komplexen Nervenendigungen registrieren die Verletzung der Haut und beginnen sofort zu „feuern“: Elektrische Impulse signalisieren Gefahr.

Nervenzelle © MMCD

Damit diese Warnung nicht erst im Gehirn ankommt, wenn jede Reaktion schon zu spät wäre, wird das Gefahrensignal quasi auf die „Überholspur“ geschickt: In besonders schnell leitenden Nervenfasern, den so genannten A-Delta-Fasern schießt es mit einer Geschwindigkeit von 14 Metern pro Sekunde Richtung Gehirn – schneller als alle anderen Sinnesreize.

Und nicht nur das: Die sozusagen „mit Blaulicht“ transportierten Schmerzsignale erhalten auch absoluten Vorrang vor allen anderen Reizen. Sie lösen den stechenden, durchdringenden Erstschmerz aus, der uns dazu bewegt, sofort zu reagieren: Wir zucken vor der Flamme zurück oder lassen das Messer fallen.

Mit „Blaulicht“ ins Gehirn: Der Erstschmerz

Bis wir so reagieren und den ersten Schmerz bewusst wahrnehmen, vergehen etwa 70 bis 100 Millisekunden. In dieser Zeit passieren die Signale mehrere Umschaltstationen auf ihrem Weg ins Gehirn. Die erste Schaltstation liegt in den Hinterhörnern des Rückenmarks. Sie dient als „Torwächter“ zum Gehirn und entscheidet, welche Reize wichtig und dringend genug sind, um weitergeleitet zu werden. Das Signal unserer Schnittverletzung wird hier ohne weiteren Aufenthalt „durchgewinkt“.

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Schaltstation im Rückenmark © MMCD

Hinter diesem ersten Tor kreuzen die Schmerzfasern im Rückenmark auf die jeweils andere Seite, alles weitere passiert daher spiegelverkehrt: Der Schnitt in der linken Hand wird von der rechten Gehirnhälfte verarbeitet und umgekehrt. Gleichzeitig übernehmen ab jetzt andere Nervenbahnen, die so genannten Projektionsneurone die Weiterleitung bis ins Gehirn.

Nachzügler mit anhaltendem Wert: Der Zweitschmerz

Noch während die erste Schmerzreaktion läuft, senden die Nozizeptoren an der Schnittwunde eine zweite Salve von Schmerzsignalen aus. Diese werden jetzt allerdings nicht mehr über die schnellen A-Delta-Fasern, sondern über die rund zehnmal langsameren C-Fasern geschickt. Sie erzeugen den später einsetzenden dumpfen, oft ausstrahlenden Schmerz, der meist auch dann noch anhält, wenn die eigentlich Ursache längst vorbei ist. Typisch ist dieser Schmerz auch für Zähne und innere Organe, da diese vor allem über C-Fasern verknüpft sind.

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Stand: 20.02.2004

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Schmerz
Alarmstufe Rot im Nervensystem

Die unentbehrliche Plage
Januskopf Schmerz

Signale auf der „Überholspur“
Wie kommt der Schmerz ins Gehirn?

Schrille Töne im Konzert der Neuronen
Die Schmerzverarbeitung im Gehirn

Einsatz für die „Schmerzpolizei“
Das körpereigene Hemmsystem

Jammerlappen und Abgestumpfte
Warum empfinden wir Schmerzen unterschiedlich stark?

Heulsusen und harte Kerle...
Frauen – das schmerzempfindlichere Geschlecht?

Wenn der Schmerz chronisch wird...
Die Entdeckung des Schmerzgedächtnisses

Volkskrankheit Schmerz
Herausforderung und globale Geißel?

Problemfall Schmerztherapie
Deutschland als Entwicklungsland?

Von Aspirin bis Paracetamol
Wie wirken nicht-Opioidhaltige Schmerzmittel?

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Opioidhaltige Schmerzmittel

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