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Raumfahrt

Seven Minutes from Hell

Warum eine Marslandung so schwierig ist

Vier menschengemachte Gefährte sind schon auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten umhergekurvt. Jetzt kommt ein fünftes Vehikel hinzu: der NASA-Rover Perseverance. Er ist das bisher größte und schwerste Gefährt, das auf dem Roten Planeten landet.

Den Anfang machte 1997 der hundegroße Rover Sojourner, dann folgte 2004 das Duo Spirit und Opportunity. Letzter rollte fast 15 Jahre lang durch die steinige Marslandschaft und legte dabei mehr als einen Marathon zurück. Als einziger noch aktiv ist jedoch der 2012 gelandete Rover Curiosity. Die Messdaten dieses „rollenden Chemielabors“ sorgen bis heute immer wieder für Überraschungen.

So läuft die Landung des Marsrovers Perseverance ab.© NASA/ JPL-Caltech

Keine Erfolgsgarantie

Auch wenn eine Marslandung nach vier Rovern und mehreren stationären Landesonden fast wie Routine scheint – sie ist es nicht. Das demonstrierte zuletzt 2016 das Scheitern der ersten europäisch-russischen Landemission. Die ESA-Landesonde Schiaparelli stürzte aus gut drei Kilometern Höhe ab, weil falsche Daten eines Trägheitssensors dem Bordcomputer vorgaukelte, schon am Boden zu sein.

Die Herausforderung bei einer Marslandung ist die extrem dünne, aber dennoch vorhandene Atmosphäre des Mars. Ihre Dichte reicht nicht aus, um eine Raumsonde allein durch den Reibungswiderstand genügend abzubremsen. Um schwere Gefährte wie den Rover Perseverance sicher und weich auf die Oberfläche zu bringen, ist daher eine komplexe Abfolge von Bremshilfen nötig.

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Das Landemanöver

Das Landemanöver von Perseverance beginnt gegen 21:38 Uhr unserer Zeit. Die Landesonde, bestehend aus dem Hitzeschild, der Abstiegseinheit und dem Rover, tritt mit knapp 19.500 Kilometer pro Stunde in die Marsatmosphäre ein und wird zunächst durch Reibung abgebremst. Dabei erhitzt sich der Schutzschild bis auf rund 1.300 Grad Celsius. Nach rund vier Minuten ist das Ensemble „nur“ noch rund 1.500 Kilometer pro Stunde schnell.

Rund elf Kilometer über der Oberfläche entfaltet sich nun der gut 20 Meter große Überschall-Fallschirm. Kurz darauf wird der Hitzeschild abgesprengt. Das gibt dem Radarsensor und den Kameras der Sonde den Blick auf die Oberfläche frei und erlaubt es dem Autopilotsystem, die Landestelle anzusteuern. Etwa 2,1 Kilometer über dem Boden, bei immer noch rund 300 Kilometern pro Stunde, wird die Hülle mit dem Fallschirm abgesprengt und die Triebwerke der Abstiegseinheit zünden. Sie bremsen das Ensemble soweit ab, bis sie rund 20 Meter über der Oberfläche schwebt.

Sky Crane
Ein Himmelskran lässt den Rover vorsichtig zur Marsoberfläche hinab. © NASA/JPL-Caltech

Mit dem „Himmelskran“ zur Oberfläche

Damit der aufgewirbelte Staub nicht die sensiblen Instrumente des Rovers beschädigt, muss dieser die letzten Meter jedoch allein zurücklegen. Dafür nutzt die NASA den „Himmelskran“. Die durch ihre Düsen in der Schwebe gehaltene Abstiegseinheit lässt dafür den Rover an mehreren Trossen vorsichtig bis auf die Oberfläche hinab. Sobald die Sensoren von Perseverance Bodenkontakt haben, vorausichtlich gegen 21:45 Uhr unserer Zeit, werden die Seile gekappt und der „Sky Crane“ fliegt rund hundert Meter weiter. Dort geht er dann in sicherer Entfernung vom Rover nieder.

Dieser Ablauf ist so komplex, dass die NASA-Teams die letzten Minuten bis zur Landung als „Seven Minutes from Hell“ bezeichnen – auch, weil sie in dieser Zeit nichts tun können und keine Kommunikationsverbindung zum Rover haben. Immerhin kann ein Zeuge vom Orbit aus die Landung verfolgen: Der Mars Reconnaissance Orbiter (MRO) fungiert als Relaisstation und leitet Telemetriedaten der Landeeinheit zur Erde weiter. Weil Funksignale aber gut elf Minuten vom Mars zur Erde brauchen, wird die NASA-Bodenstation die Landemeldung erst gegen 21:55 Uhr erhalten.

Mikrophon läuft: Wie hört sich eine Marslandung an?

Diesmal können das Bodenteam und die Öffentlichkeit auch akustisch miterleben, was bei der Landung passiert. Denn Perseverance hat erstmals ein Mikrophon an Bord, das während der Landung alle Geräusche aufzeichnet. Mit ihm könnte zum ersten Mal zu hören sein, wie die Sprengkapseln den Hitzeschild und den Fallschirm absprengen, wie der Marswind am Gefährt vorbeirauscht und wie die Bremsdüsen aktiv werden. Hat der Rover dann aufgesetzt, können wir alle zum ersten Mal hören, wie der Mars klingt.

Geht alles gut, steht Perseverance am 18.Februar gegen 22:00 Uhr auf der Oberfläche des Mars. Schon wenige Stunden nach der Landung soll der Rover erste Aufnahmen von der Marsoberfläche senden. In den folgenden 30 Tagen werden alle Kameras aktiviert und damit auch höher aufgelöste Aufnahmen des Rovers und seiner Umgebung möglich. In dieser 30 Tage dauernden Testzeit werden auch alle wissenschaftlichen Instrumente und der Roboterarm geprüft und der Rover absolviert einen ersten kurzen Fahrtest. Erst danach beginnt die eigentliche Missionsphase – die Arbeit kann beginnen.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Perseverance auf dem Mars
Technologien für die Zukunft und Fahndung nach altem Leben

Seven Minutes from Hell
Warum eine Marslandung so schwierig ist

Proben für zuhause
Warum eine Rückholmission so wichtig ist – und wie sie abläuft

Der Zielort
Was ist das Besondere am Jezero-Krater?

Mars-Drohne und Sauerstofffabrik
Technologietests für bemannte Marsmissionen

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