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Ökologie

Seeohren vor dem Aus

Südafrika und die Abalone-Piraten

Abalaone-Sashmi © gemeinfrei

Sie heißen Abalone oder plakativer Seeohren, leben meist auf küstennahen Felsen warmer Meere und gelten vor allem in Asien als kulinarische Delikatesse. Von ihrem harten Gehäuse befreit und anschließend gedünstet, gegrillt oder zu Sushi verarbeitet landen die riesigen, bis zu 25 Zentimeter großen Meeresschnecken dort auf den Tellern der Verbraucher.

Was die Abalone so populär macht, ist aber nicht allein ihr schmackhaftes Fleisch. Denn in Ländern wie China gelten Seeohren auch als starkes Aphrodisiakum. Um an die Meeresschnecken heranzukommen zahlen Liebhaber deshalb nahezu jeden Preis. Ein Kilo erstklassiger Abalone kostet dort schnell bis zu 200 Euro oder mehr. Und dennoch übersteigt die Nachfrage das Angebot bei weitem.

Traditionelle Arzneimittelhandlung in Hongkong © mailer_diablo / GFDL

Schrumpfende Bestände

In Südafrika ist diese Tatsache schon vor einiger Zeit zu einem ernsten Problem für den Artenschutz geworden. Hier lebt an den Küsten vor allem die Abalone-Art Haliotis midea, auch Perlemon genannt. Schon seit langem ist die Perlemon-Fischerei streng reglementiert, trotzdem gehen die Bestände bereits seit Jahren rapide zurück. Grund: Wilderei.

Chinesische Syndikate sind es, die hier ein perfektes Netzwerk vom illegalen Fang der Tiere durch einheimische Fischern bis zum Schmuggel Richtung Fernost aufgebaut haben. Oft bezahlen die chinesischen Drahtzieher ihre südafrikanischen Helfer nicht mit Geld, sondern liefern stattdessen die Zutaten für hochwirksame, anregende Drogen wie Methamphetamin auch „Meth“ oder „Crystal“ genannt. Ziel des illegalen Perlemonhandels ist vor allem Hongkong. Von dort aus wird die „heiße“ Ware dann in ganz China an gut betuchte Kunden weiterverkauft. Die Gewinnspannen sind gewaltig.

Die Abalone-Gangs von Kapstadt

Kein Wunder, dass die Abalone-Piraten in Südafrika mit harten Bandagen kämpfen. Das hat zuletzt ein Zwischenfall Ende Januar 2010 in Kapstadt gezeigt. Dort waren die lokale Polizei und die Küstenwache einer 60 Mann-starken Wildererbande auf die Spur gekommen und hatten sie schließlich auch gestellt. Was dann passierte, beschreibt der Polizeisprecher Fredrick van Wyk so: „Die Gruppe feuerte mit Gewehren und warf Benzinbomben und Steine auf die Polizei, die dann zurückschoss“. Ein illegaler Fischer wurde dabei am Arm getroffen. Festnahmen gab es nicht.

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Bei dieser Razzia und zwei weiteren ähnlicher Art in Vredenburg und Napier in der gleichen Nacht wurden insgesamt Abalone im Wert von 2,3 Millionen südafrikanischen Rand beschlagnahmt. Das entspricht rund 250.000 Euro. Ziemlich viel. Und trotzdem doch wohl nur die Spitze eines Eisbergs. Erstaunliche 2.000 Tonnen Abalone sollen laut der ZDF-Dokumentation „Raubzug unter dem Meer – Südafrikas Seeschnecken droht das Ende“ im Jahr 2009 auf diese Weise nach Fernost gelangt sein. Wert: 100 Millionen Euro.

Abalone © Glenn Allen / NOAA

Schalentiere ohne Zukunft

Um die letzten Überreste der Perlemon-Bestände zu bewahren und ein Aussterben der bedrohten Art zu verhindern, hat Südafrika mittlerweile ein komplettes Fangverbot für die Seeohren verhängt. Längst drohen Wilderern zudem harte Strafen bis hin zu Freiheitsentzug. Ob es hilft? Das Fazit der ZDF-Dokumentation jedenfalls fällt klar und eindeutig aus: „Wie lange der Kampf [der Polizei] noch dauern wird und ob er jemals gewonnen werden kann ist ungewiss, nur eins ist klar: Wenn der Abbau von Abalones so rasant weitergeht, dann wird es die Schalentiere schon bald nicht mehr vor den Küsten Südafrikas geben.“

Hinzu kommt, dass auch eine anhaltende Einwanderung des so genannten West Coast Rock Lobster in die Lebensräume der Seeohren zur starken Dezimierung der Art an den Küsten Südafrikas beiträgt. Der Hummer ernährt sich vor allem von Seeigeln, die normalerweise dem Abalone-Nachwuchs Schutz bieten. Dadurch überleben weniger Jungschnecken und irgendwann mangelt es dann auch an fortpflanzungsfähigen älteren Tieren.

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Dieter Lohmann
Stand: 02.07.2010

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

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Südafrika und die Abalone-Piraten

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