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Sonnensystem

Seen und Ozeane – aus Methan

Eine Flut von Forschungsergebnissen

Dicke „Suppe“ – Titans Atmosphäre © NASA/JPL/Space Science Institute

Schon lange vor der Cassini-Mission hatten Planetenforscher spekuliert, ob es auf dem Titan möglicherweise flüssiges Methan gibt. Denn dieser Kohlenwasserstoff findet sich auch als Gas in der Atmosphäre. Er könnte daher ähnlich wie der Wasserdampf auf der Erde durch Verdunstung aus flüssigen Reservoiren – Seen oder gar Meeren – aufgestiegen sein.

Als aber die Landesonde Huygens im Januar 2004 nahe dem Äquator des Saturnmondes aufsetzte, waren die Daten zunächst enttäuschend: von flüssigen Kohlenwasserstoffen keine Spur. Und auch die frühen Aufnahmen der Cassini-Sonde zeigten durchaus ausgedehnte Senken mit uferähnlichen Begrenzungen. Aber diese waren trocken, flüssiges Methan fand sich jedenfalls nicht darin.

Die ersten Seen außerhalb der Erde

Am 22. Juli 2006 aber kam die Wende: Cassini schickte neue Radarbilder zur Erde, auf denen deutlich zahlreiche klar abgegrenzte, sehr dunkle Stellen in der Nordpolregion des Titan zu erkennen waren. Im Radarbild aber erscheinen diese Flächen extrem glatt – wie beispielsweise die Oberfläche einer stehenden Flüssigkeit. „Das ist eine große Sache“, kommentiert NASA-Forscher Steve Wall. „Wir haben jetzt erstmals einen Ort außerhalb der Erde entdeckt, wo Seen existieren.“

Inzwischen sind knapp hundert solcher Seen in unterschiedlichster Größe bekannt. Einige sind komplett mit Flüssigkeit gefüllt, andere scheinen dagegen halb trocken oder sogar leer zu sein. Die meisten von ihnen konzentrieren sich nahe dem Nordpol des Titan. Hier liegt auch der größte bisher bekannte See, Kraken Mare. Diese mit flüssigem Kohlenwasserstoff gefüllte Senke ist wahrscheinlich so groß wie das Kaspische Meer auf der Erde.

Insgesamt 75 potenzielle Methanseen mit Inseln am Titannordpol. © NASA/JPL/USGS

„Die nördliche Seenlandschaft des Titan ist eine der erdähnlichsten und faszinierendsten des gesamten Sonnensystems“, konstatiert NASA-Planetenforscherin Linda Spilker. Möglicherweise verändern sich diese Seen aus Methan sogar mit den Jahreszeiten. Denn Aufnahmen von Cassini hatten um einige dieser Seen helle Bereiche gezeigt, wie sie beispielsweise durch Verdunstung von Methan und die Ablagerung von Rückständen aus größeren chemischen Molekülen entstehen könnten. Zudem schwankt das Reflexionsvermögen der Seen ungewöhnlich stark: Mal erscheinen sie dunkel und glatt, dann wieder heller.

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Gasblasen lassen Methaneis schwimmen

Eine Erklärung dafür schlugen Jason Hofgartner von der Cornell-University in Ithaca und seine Kollegen Anfang 2013 vor. Denn anhand eines Modells zeigen sie, dass Eis auf der Oberfläche der Seen für die Unterschiede in der Albedo verantwortlich sein könnte. Normalerweise ist festes Methan dichter als flüssiges und würde daher sinken. Aber unter bestimmten Bedingungen kann auch dieses Kohlenwasserstoffeis schwimmen – wenn es Gasblasen enthält, die seine Dichte herabsetzen.

Dies geschieht, wenn die Temperatur nur knapp unterhalb des Gefrierpunkts für Methan liegt – bei 90,4 Grad Kelvin. Dann fangen sich kleine Bläschen aus Stickstoff im sich bildenden Methaneis. Sie machen zwar nur rund fünf Prozent der Eismasse aus, aber das reicht aus, um das Eis schwimmen zu lassen. Sinken die Temperaturen dagegen nur wenige Grad niedriger, dann bilden sich zu wenige Blasen und das Eis sinkt. „Wir wissen jetzt, dass es durchaus dünne Eisschollen auf den Titanseen geben kann – ähnlich wie das neue Meereis in der Arktis zu Beginn des Winters“, erklärt Hofgartner.

Die Forscher vermuten, dass diese Eisschollen aus Kohlenwasserstoff ähnlich transparent sind wie Wassereis. Wegen der rötlich-braun gefärbten Atmosphäre und damit auch leicht gefärbten Gasblasen könnten sie aber auch einen leicht rötlichen Ton haben. Und noch ein Aspekt könnte das Eis auf den Titanseen spannend machen: Auf der Erde leben viele Organismen in den Kanälchen und Randbereichen des Meereises. Daher könnte auch die Grenzschicht zwischen Eis und flüssigem Kohlenwasserstoff ein Habitat für mögliches Leben auf dem Titan bieten.

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Nadja Podbregar
Stand: 10.04.2014

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Rätsel Titan
Saturntrabant unter orangefarbenem Schleier

Mond ohne „Gesicht“
Titan wirft viele Fragen auf

Landung auf dem Mond - des Saturn
Cassini und Huygens als Titanpioniere

Seen und Ozeane - aus Methan
Eine Flut von Forschungsergebnissen

Wolken, Stürme und ein Kreislauf
Eine bewegte Atmosphäre prägt die Oberfläche des Titan

Ein Himalaya auf dem Saturnmond
Wie entstanden Titans Gebirgszüge?

Ein flüssiger Ozean unter der Kruste?
Das Innenleben des Saturnmonds gibt Rätsel auf

Vulkane mit Lava aus Eis
Saturnmond zeigt geologische Phänomene wie auf der Erde

Daten und Zahlen
Titan im Überblick

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