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Energie

Sandstürme, Terroranschläge und noch viel mehr

Fragen und Antworten zur Wüstenstrominitiative

Abseits von Lobby-Parolen und politischem Kalkül gibt es auch ernsthafte Argumente gegen das Desertec-Projekt – und viele offene Fragen. Im Folgenden werden einige der wichtigsten und die entsprechenden Reaktionen und Erklärungen von der Desertec Initiative und verschiedenen anderen Experten vorgestellt.

Sandsturm aus der Sahara © NOAA/OSEI

Überstehen die Solarkraftwerke und speziell die Spiegel die Sandstürme in der Sahara oder in anderen Wüsten problemlos?

„Die Annahme, dass die Spiegel der Kraftwerke durch den Wüstensand verschmutzt oder zerstört werden, kann nach zwanzigjähriger Betriebserfahrung mit solarthermischen Kraftwerken in der Mojave Wüste nicht bestätigt werden. Dort sind noch immer die Originalspiegel, die mit einer regelmäßigen Entstaubung auskommen, im Einsatz. Es bieten sich genügend geeignete Standorte in Steinwüsten, wo Sandstürme keine Bedrohung darstellen.“ (Desertec, PM)

Wird die europäische und speziell die deutsche Energieversorgung durch Desertec noch mehr abhängig von Konfliktregionen?

„Baut man die Solarkraftwerke in politisch instabilen Ländern, bringt man sich in die gleiche Abhängigkeit wie beim Öl“. (Frank Asbeck, Vorstandsvorsitzender des Solartechnikfirma SolarWorld)

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„Bei der Öl- und Gasversorgung sind wir schon jetzt sowohl von Libyen und Algerien sehr abhängig – und das klappt hervorragend.“ (Gerhard Knies, Aufsichtsratsvorsitzender der Desertec Foundation, MDR Radio/Financial Times Deutschland)

Könnten die geplanten Solarkraftwerke oder das Supernetz das Ziel von Terroranschlägen werden, die dann Europas Stromversorgung lahmlegen?

„Das halte ich für nicht wahrscheinlich. Schon weil noch gar nicht geklärt ist, in welchen Sahara-Ländern Kraftwerke und Stromleitungen gebaut würden. Geeignet wären zum Beispiel Marokko und Tunesien – dort ist die Terrorgefahr vergleichsweise gering.“ (Nordafrika-Experte Wolfram Lacher, Spiegel-Online)

„Solarstromimporte aus der gesamten MENA Region könnten laut Studie bis 2050 etwa 17 Prozent der europäischen Stromversorgung abdecken. Der zukünftige Energiemix ist – wie heute auch – auf etwa 125 Prozent Verfügbarkeit ausgelegt, beinhaltet also selbst bei 100 Prozent Spitzenlast noch 25 Prozent Reservekapazität für Notfälle. Ausreichend Energie wäre also auch bei einem sehr unwahrscheinlichen gleichzeitigen Totalausfall aller Solarkraftwerke und HGÜ-Leitungen noch verfügbar. (Deutsches Zentrum für Luft-und Raumfahrt, FAQ)

400 Milliarden Euro Kosten für Desertec sind kein „Pappenstiel“. Rentiert sich diese Investion?

„Für einen kleineren Teil der 400 Milliarden Euro für Desertec könnte man die gesamte Stromversorgung in Deutschland auf Erneuerbare Energien umstellen – und das in viel kürzerer Zeit.“ (Hermann Scheer; Spiegel)

„Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Solarstrom aus Nordafrika auf dem von DESERTEC versprochenen Preisen geliefert werden kann (also frühestens 2020), wird die Solar- und Windstromerzeugung deutlich preisgünstiger sein (Eurosolar/Scheer, PM).

„Solarthermische Kraftwerke können dank ihrer thermischen Energiespeicher an Standorten in Nordafrika rund um die Uhr und über das ganze Jahr hinweg Strom nach Bedarf liefern, sei es zum Ausgleich von Bedarfsschwankungen oder zur Deckung der Grundlast. Diese Regelbarkeit macht Solarstromimporte zu einer wertvolleren Energiequelle, die durchaus höhere Preise als z.B. fluktuierende Quellen wie Wind- und PV-Generatoren erzielen kann. Unsere heimischen regelbaren und erneuerbaren Quellen Geothermie, Biomasse und Wasserkraft reichen allein nicht aus, um die gesamte notwendige Ausgleichs- und Regelenergie in dem gebotenen Zeitrahmen kostengünstig bereitzustellen. (DLR, FAQ)

Wird der Wüsten-Strom die Nutzung erneuerbarer Energien hierzulande ersetzen oder einschränken?

„International vernetzte und dezentrale erneuerbare Energien sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Als Beitrag zu Klimaschutz und günstigen Strompreisen sollte man in jedem Fall beide Potenziale nutzen (und man wird es auch). Sie ergänzen sich ideal, da solarthermische Kraftwerke mit ihren thermischen Speichern Strom nach Bedarf liefern können; auch nachts oder bei Windstille.“ (Desertec; PM

Heliostate © Warren Gretz / DOE / NREL

Zementiert das Projekt Desertec die Stellung weniger großer Energiekonzerne?

„Desertec bedeutet Strom von einem einzelnen Konsortium, das Produktionsanlagen wie Transportleitungen kontrolliert. Es ist ein Weg, auch Solarstrom unter Monopolbedingungen herzustellen“. (Hermann Scheer, Telepolis)

„Große Konzerne bzw. die Nutzung von Sonnenenergie im großen Maßstab vom Klimaschutz auszuschließen ist kein wirklich sinnvolles Ziel. Monopolistische Strukturen sind keine Voraussetzung für Solarstromimporte und sehr schwer zu realisieren, da viele Länder, Anbieter und Abnehmer in ganz EUMENA daran beteiligt sein werden. Die nachhaltige Versorgung der weltweit schnell wachsenden Großstädte ist mit kleinteiliger, dezentraler Versorgung und Effizienz allein nicht erreichbar. Vielmehr geht es um eine sinnvolle und notwendige Ergänzung derselben. Hier findet die Großindustrie ein sinnvolles Einsatzgebiet.“ (DLR, FAQ)

Wenn Wüstenstrom reichlich zur Verfügung steht, müssen wir uns dann weniger um Energieeffizienz sorgen?

„Nein, natürlich nicht. […] Energieeffizienz ist eigentlich die Basis einer zukünftigen Energiestrategie. Die Internationale Energieagentur hat letztes Jahr den World Energy Outlook veröffentlicht, in dem sie nachweist, dass ungefähr 55 Prozent der Klimastrategie, um die Klimaziele einzuhalten, aus der Energieeffizienz kommen. Und deshalb: Energieeffizienz erste Priorität, zweite Priorität regenerative Energiewellen nutzen dort, wo sie am besten einsetzbar sind […].“ (Stephan Kohler, Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur, Deutschland Radio)

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Stand: 28.08.2009

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Operation Wüstenstrom
Der Streit um das Solarprojekt Desertec

Sonnenkraft-Zapfanlagen statt Wüste
Die Vision Desertec

Strom satt – auch für Europa?
50 Kraftwerke und ein Supernetz

Mehr als nur ein „alter Hut“
Solarthermische Kraftwerke

Ein Sonnenturm als Lichtfänger
Pilotvorhaben in Jülich als Prototyp für Solarstrom aus der Wüste

Solare Hightech aus Deutschland
Solarthermische Kraftwerke auf dem Vormarsch?

Strommasten statt Beduinen?
Desertec und die Folgen

Energie-Revolution oder Fata Morgana?
Reaktionen auf das Projekt Wüstenstrom

Sandstürme, Terroranschläge und noch viel mehr
Fragen und Antworten zur Wüstenstrominitiative

Von der Vision zur Wirklichkeit
Versuch eines Fazits

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