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Planetenbillard

Wurde Planet 9 nachträglich nach außen geschleudert?

Das dritte Entstehungs-Szenario für Planet 9 geht von den Prozessen aus, die gängiger Theorie nach auch den Kuipergürtel in seine heutige Form brachten – eine Wanderung der Planeten in unserem Sonnensystem.

Szenario
Mögliches Entstehungsszenario extremer Außenplaneten wie Planet 9.© NASA/ ESA, L. Hustak/STScI

„Wie ein Kind auf der Schaukel“

Ähnlich wie Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun entstand demnach auch Planet 9 einst weiter innen in der Urwolke. Durch Schwerkraftwechselwirkungen im jungen Sonnensystem kam es dann zu Turbulenzen, die die fünf großen Außenplaneten aus ihrer ursprünglichen Bahn lenkten und weiter nach außen driften ließen. Planet 9 wurde als äußerstes Mitglied dieses planetaren Quintetts dabei besonders weit nach außen gedrängt und in einen exzentrischen Orbit geschleudert.

„Man kann sich das vorstellen wie ein Kind auf einer Schaukel: Wenn man ihm immer wieder einen Schubs zur richtigen Zeit gibt, schwingt es höher und höher“, erklärt Scott Kenyon vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics.

Tatsächlich gibt es schon länger ein Modell, dass von ursprünglich fünf großen Außenplaneten im Sonnensystem ausgeht – den beiden Gasriesen Jupiter und Saturn sowie drei Eisriesen. Diesen Fünf-Planeten-Nizza-Modell zufolge brachten erst Wanderungen und Platzwechsel dieser Planeten die heutige Konfiguration hervor.

Wie konnte er im Sonnensystem bleiben?

Der Haken jedoch: Nach diesem Modell wurde der äußerste Planet durch die Turbulenzen komplett aus dem Sonnensystem ausgeschleudert. Planet 9 hätte demnach zum sternlosen Einzelgänger-Planet werden müssen, statt im Kuipergürtel zu bleiben. „Die Herausforderung ist es daher, dass man nicht so viel schubst, dass der Planet ganz aus dem Sonnensystem geschleudert wird“, beschreibt Kenyon das Dilemma mithilfe seiner Schaukel-Analogie.

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Erhalten bleiben könnte ein Planet beispielsweise, wenn sein Flug durch dichtes Gas der Urwolke oder die Schwerkraftturbulenzen einer nahen Sternpassage abgebremst wurde. Beides galt allerdings bislang als zwar möglich, aber nicht unbedingt sehr wahrscheinlich.

Hubble-Aufnahme des Systems HD 106906 und des wahrscheinlichen Orbits von HD 106906 b.© NASA/ESA, Meiji Nguyen/UC Berkeley, Robert De Rosa/ESO and Paul Kalas/UC Berkeley und SETI Institute

Ein Exoplanet wie Planet 9

Doch das hat sich geändert. Denn inzwischen haben Astronomen einen Exoplaneten entdeckt, der seinen Stern in einem ähnlich extremen Orbit umkreist wie für Planet 9 postuliert. Der extrasolare Gasriese HD 106906 b ist Teil eines weiten, rund 336 Lichtjahre von uns entfernten Doppelsternsystems. Er umkreist seine beiden Sterne in einem 36 bis 44 Grad geneigten Umlaufbahn und kommt ihnen dabei nie näher als rund 500 astronomische Einheiten.

Damit belegt dieser Exoplanet erstmals, dass solche ungewöhnlichen und extrem weit außen liegenden Umlaufbahnen existieren können. „HD 106906 b ist der erste Planet, dessen Orbit dem des hypothetischen Planet 9 entspricht“, sagt Teamleiterin Meiji Nguyen von der University of California in Berkeley.

Interessant auch: In diesem noch jungen extrasolaren System gibt es deutliche Hinweise auf heftige Schwerkraftturbulenzen. So sind die äußere Staubscheibe und der Kometengürtel in diesem System asymmetrisch verformt. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass HD 106906 b nachträglich in seine extreme Bahn geschleudert wurde – so, wie es das dritte Szenario für Planet 9 postuliert.

Die Suche geht weiter…

Noch ist die Existenz von Planet 9 nicht nachgewiesen – die Fahndung nach dem verborgenen Riesen im Kuipergürtel läuft noch. Die Astronomen hoffen, dass neue, leistungsstärkere Teleskope wie das James-Webb-Weltraumteleskop uns neue Einblicke in die rätselhafte Welt des Kuipergürtels gewähren werden und dass auch Planet 9 dann aufgespürt werden wird.

„Es ist schon fast ironisch, dass Astronomen inzwischen Exoplaneten hunderte von Lichtjahren entfernt von uns aufspüren, sich aber einer wahrscheinlich von ihnen in unserem eigenen Hinterhof versteckt“, konstatiert der schwedische Astronom Alexander Mustill. Man darf gespannt sein, ob und wann dieser versteckte Außenplanet unseres Sonnensystems gefunden wird.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Das Geheimnis des Kuipergürtels
Kometenkerne, exotische Umlaufbahnen und ein "Planet 9"

Jenseits des Neptun
Die Entdeckung des Kuipergürtels

Rätsel des Ursprungs
Die Kuipergürtel-Objekte und ihre Entstehung

Verborgener Riese
Gibt es dort draußen noch einen Planeten?

Rätsel der Entstehung
Wie wurde Planet 9 gebildet?

Planetenbillard
Wurde Planet 9 nachträglich nach außen geschleudert?

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