Anzeige
Biotechnologien

Nur was lange währt, wird gut?

Warum es alternative Methode gegen etablierte Verfahren schwer haben

Aus Sicht des UFZ-Biologen Stefan Scholz würden mehr Tierversuche nicht automatisch zu mehr Sicherheit führen. Denn die Frage, wie gut das Modell die Wirklichkeit abbildet, ist kein quantitatives, sondern ein qualitatives Problem. Wie weit lässt sich von den Wirkungen, die im Tierversuch beobachtet werden, auf eventuelle Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt schließen? Neben diesem methodischen Problem gibt es auch noch ein ethisches Problem. Wie viele Tiere müssen für welche Sicherheit leiden?

Fischeier sind bereits ein wichtiger Alternativtest, hier Laich des Diskus an einer Aquariumsscheibe © M. Kraus / CC-by-sa-2.0-de

Fischeier statt ausgewachsene Fische

Alternativen zu den klassischen Tierversuchen sind daher gefragt, mit denen Chemikalien auf ihre Wirkung für Mensch und Umwelt beurteilt werden können. So wie Scholz arbeiten weltweit viele Wissenschaftler an solchen alternativen Testmethoden. Beispiel Fischeitest: Statt an ausgewachsenen Fischen werden die Auswirkungen von Chemikalien an Fischembryonen untersucht. Dieser Test zählt zu den Alternativmethoden. In Deutschland ist der Fischeitest bei der Abwasserprüfung bereits vorgesehen. Seit 2005 werden dafür keine Goldorfen-Fische mehr eingesetzt.

„Für die Abwasserbewertung muss man keine internationalen Vereinbarungen treffen. Bei Chemikalien ist das Problem dagegen ganz anders. Diese müssen weltweit vermarktet werden, weshalb die OECD eine internationale Harmonisierung der Richtlinien anstrebt. Der Fischembryotest zum Beispiel wird schon seit 20 Jahren als Ersatzmethode für den akuten Fischtest gehandelt. Es gibt auch bereits seit längerem einen Entwurf für eine OECD-Richtlinie. Doch die Prüfung neuer Alternativen dauert lange und stellt eine echte Geduldsprobe für die beteiligten Wissenschaftler dar.“

Etablierte Methoden werden nicht mehr hinterfragt

In der Stimme des Forschers klingt etwas Verbitterung durch. Dabei ist die internationale Harmonisierung nur eine von mehreren Hürden. Die Alternativen haben es oft schwer, akzeptiert zu werden, weil sie Systeme ersetzen sollen, die etabliert sind, die als plausibel gelten und die daher nicht hinterfragt werden. Forscher wie Scholz kritisieren daher, dass zum Teil bei den neuen Testmethoden die Messlatte so hoch angesetzt wird, dass selbst etablierte Tierversuche daran scheitern könnten, wenn für sie ähnliche Kriterien angesetzt würden.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. weiter

UFZ / Tilo Arnold
Stand: 04.02.2011

Anzeige
Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Tierversuche: Alternativen gesucht
Hohe Hürden für den Ersatz von Tieren in Chemikalien- und Arzneimittel-Tests

Fatale Folgen trotz Tierversuche
Auch etablierte Testmethoden zur Risikobewertung sind nicht unfehlbar

Nur was lange währt, wird gut?
Warum es alternative Methode gegen etablierte Verfahren schwer haben

REACH: Tests für jede Chemikalie
Neue Chemikalienrichtlinie will mehr Transparenz schaffen

54 Millionen Tierversuche allein für REACH?
Theorie hinkt Praxis im REACH-System hinterher

Vorbild USA?
Computer statt Tierversuch

Eine Frage der Kosten?
Alternativen sind kurzfristig teuer, aber langfristig günstiger

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Neuronen-Netzwerk entlarvt Giftstoffe
Neue Screening-Methode könnte Tierversuche ersetzen

Bald weniger Tierversuche?
Studie: Systematische Variation von Umweltbedingungen führt zu aussagekräftigeren Ergebnissen

Stammzellen statt Tierversuche
Neues Verfahren des TÜV Rheinland untersucht Gefahrenstoffe

Dossiers zum Thema

Chimären - Künstliche Mensch-Tier-Mischwesen: Hybris oder Chance?