Anzeige
Energie

Natriumgekühlte Reaktoren

Schnelle Neutronen sorgen für hohe Ausbeute

In Druck- und Siedewasserreaktoren hat das verwendete Wasser verschiedene Aufgaben. Es fließt um den Reaktorkern und dient dadurch als Kühlmittel und Wärmetransporteur. Zusätzlich hat es aber auch eine moderierende, also bremsende, Wirkung auf die durch die Kernspaltung freigesetzten Neutronen. Diese werden dadurch zu thermischen Neutronen und können von Uran-235 absorbiert werden. In natürlich vorkommendem Uran bildet dieses Isotop jedoch nur einen Anteil von unter einem Prozent, weswegen es vor der Verwendung als Brennstoff angereichert werden muss.

Das häufigste Isotop, Uran-238, ist mit thermischen Neutronen nicht spaltbar – hierfür werden sogenannte schnelle Neutronen benötigt. Wenn ein Uran-238-Atom ein solches Neutron einfängt, zerfällt es über Neptunium-239 zu Plutonium-239. Letzteres dient schließlich als Brennstoff. Da im Laufe des Prozesses mehr Neutronen freigesetzt als eingefangen werden, entsteht auch ein Überschuss an Spaltmaterial. Deshalb werden diese Reaktormodelle als Schnelle Brüter bezeichnet. Die Bezeichnung „schnell“ hängt hier allerdings nicht mit der Produktionsgeschwindigkeit, sondern mit der Bewegung der Neutronen zusammen.

Natriumgekühlter Reaktor
Der Reaktorkern (unten links) wird von flüssigem Natrium umspült. Beim Pool-Design befindet sich der erste Wärmetauscher mit dem Kern in einem Natrium-Becken. Über einen dritten Kreislauf wird Strom erzeugt. © gemeinfrei

Die Wahl des richtigen Kühlmittels

Damit die freigesetzten Neutronen nicht gebremst werden, kommt in Kleinreaktoren nach dem Prinzip der schnellen Brüter flüssiges Natrium als Kühlmittel zum Einsatz. Es hat eine Schmelztemperatur von 97 Grad Celsius und eine Siedetemperatur von 890 Grad Celsius. Dadurch kann es – ähnlich wie Flüssigsalze – ohne erhöhten Druck eingesetzt werden, was die Gefahr eines Blow-Outs auslöscht.

Natriumgekühlte Reaktoren werden in zwei Ausführungen konzipiert: als Pool- und als Kreislauf-Design. Bei der Pool-Variante befindet sich der Reaktorkern in einem Becken aus flüssigem Natrium. Dieses wird um den Kern und ein sich ebenfalls im Pool befindliches Wärmetauschsystem gepumpt. Dieser erste Wärmetauscher enthält ebenfalls flüssiges Natrium und leitet die Wärmeenergie an einen dritten Kreislauf weiter, der schließlich die Turbine und den Stromgenerator antreibt.

Die Kreislauf-Variante funktioniert ähnlich – der einzige Unterschied besteht in der Position des ersten Wärmetauschers. Anstelle eines Pools, der den Reaktorraum, den ersten Kreislauf und den Wärmetauscher umgibt, gibt es zwei getrennte Kreisläufe. Der Temperaturaustausch erfolgt in einem separaten Behälter.

Anzeige

Ein Spiel mit dem Feuer

Auf den ersten Blick scheinen natriumgekühlte Brüter eine gute Alternative zu Leichtwasserreaktoren – immerhin ist ihre Effizienz durch die Verwendung von Natururan um ein Vielfaches höher. Neben dem Kostenfaktor, den mehrere Tonnen Natrium mit sich bringen, kommen bei der Verwendung des Alkalimetalls allerdings große Sicherheitsprobleme auf die Kraftwerkbetreiber zu. Diese hängen primär mit der hohen Reaktionsfreudigkeit von Natrium zusammen, das als Alkalimetall bei Kontakt mit Wasser oder Luft sofort zu brennen anfängt.

Aufgrund dieser Gefahren und wegen der hohen technischen Anforderungen wurden bisher nur sehr wenige schnelle Brüter betrieben – obwohl das Konzept aus den 1950er-Jahren stammt. Ein Positivbeispiel war das französische Kernkraftwerk Phénix, das von 1973 bis 2010 in der Nähe von Avignon betrieben wurde. Mit einer thermischen Leistung von 563 Megawatt war es jedoch nur der Prototyp für das 3.000-Megawatt-starke Superphénix, das im Jahr 1986 in Betrieb genommen wurde.

Superphénix
Das Kernkraftwerk Superphénix brachte mehr Probleme als Nutzen. © Yann Forget /CC-by-sa 3.0

Der natriumgekühlte Brüter Superphénix demonstrierte eindrucksvoll, welche Probleme das Kühlmittel mit sich bringt. Nur ein Jahr nach Inbetriebnahme entstand eine Leckage, durch die 20 Tonnen Natrium austraten. Im Jahr 1990 musste aufgrund einer zweiten Leckage die gesamte Masse von 400 Tonnen Natrium gereinigt werden, da schon kleine Verunreinigungen zu verstopfenden Oxiden führen können – der Vorgang dauerte acht Monate. Im selben Jahr stürzten Teile des Daches unter Schneelast ein, im Jahr 1994 gab es ein Argon-Leck und im Jahr 1998 wurde das Kraftwerk schließlich stillgelegt.

Neuer Aufschwung

Das Konzept von schnellen natriumgekühlten Reaktoren wurde allerdings nicht mit dem Superphénix begraben. Zurzeit werden beispielsweise in Indien und China neue Kraftwerke mit Natrium-Pool gebaut – in Russland sind bereits mehrere in Betrieb. Durch die Skalierung in Form von SMRs könnten außerdem kleinere und besser zu kontrollierende Brutreaktoren entstehen.

Abgesehen von den Problemen, die das Natrium mit sich bringt, gelten die schnellen Brüter als verhältnismäßig sicher. Wenn der Kern überhitzt, erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit für einen Neutroneneinfang durch das Uran. Dadurch sinkt die Wärmeleistung des Reaktors und die Kernschmelze wird passiv verhindert.

Da in den Brütern Natururan in Plutonium-239 gewandelt wird, gibt es – ähnlich wie bei den Thorium-Reaktoren – jedoch auch hier Sicherheitsbedenken. Das waffenfähige Plutonium könnte abgeschieden und in Atombomben verwendet werden.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. weiter
Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Small Modular Reactors
Was leisten die kleinen Atomkraftwerke und wie funktionieren sie?

Ein Weg aus der Energiekrise?
Was sind SMRs und was versprechen sie?

Flüssigsalzreaktoren
Hohe Sicherheit und Thorium als Brutmittel

Natriumgekühlte Reaktoren
Schnelle Neutronen sorgen für hohe Ausbeute

Kleine Reaktoren – große Probleme
Können die Hersteller ihre Versprechen halten?

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

keine News verknüpft

Dossiers zum Thema

Uran - Wichtiger Rohstoff – strahlende Gefahr